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Suchergebnisse für "lebensmittelproduktion"

28.12.2016

bESSERwisser

Mikroorganismen in der Lebensmittelproduktion

Weickäse auf Teller

Damit Lebensmittel so schmecken, wie wir es kennen, sind oft kleine Helfer im Einsatz: Mikroorganismen. Diese werden heute standardmäßig für die Lebensmittelproduktion eingesetzt. Ohne die nützlichen Kleinstlebewesen wäre beispielsweise die Herstellung von Joghurt, Brot oder Käse gar nicht möglich. Die bESSERwisser haben recherchiert, welche Mikroorganismen zur Herstellung von Nahrungsmitteln verwendet werden, was sie können und wie sie unser Essen geschmacklich beeinflussen. Auch der Frage, was mit den Mikroorganismen aus der Nahrung in unserem Körper passiert, sind die bESSERwisser nachgegangen.

Kleine Lebewesen mit großem Nutzen

Unter dem Begriff Mikroorganismen wird eine sehr heterogene Gruppe an mikroskopisch kleinen Lebewesen zusammengefasst. Man kann Mikroorganismen, die häufig auch als Mikroben oder Kleinstlebewesen bezeichnet werden, in Einzeller und Mehrzeller unterteilen. Zu den einzelligen Mikroorganismen zählen Bakterien und Protozoen – das sind Einzeller, die im Gegensatz zu den kernlosen Bakterien einen echten Zellkern besitzen (z.B. Pantoffeltierchen). Auch Pilze und Algen, die aus wenigen Zellen bestehen, gehören zu den Mikroorganismen. Viren gehören streng genommen nicht zu den Mikroorganismen, werden aber trotzdem häufig dazugezählt. Was viele nicht wissen: Mikroorganismen machen insgesamt etwa 70 Prozent der gesamten Biomasse aus. Schätzungen gehen heute davon aus, dass unser Planet in etwa eine Billion mikrobieller Arten beherbergt [1].

Viele Mikroorganismen sind grundlegende Elemente von Nahrungsketten, da sie wichtige Stoffe produzieren. Kleinstlebewesen können aber auch organische Materie zu anorganischen Stoffen abbauen und somit in geochemischen Stoffkreisläufen eine wichtige Rolle spielen. Mikroorganismen werden teilweise gezielt gezüchtet und kommen für unterschiedlichste Anwendungen zum Einsatz. So etwa können Bakterien bei der Abwasserreinigung oder beim Abbau von Ölfilmen in Gewässern helfen oder zur Produktion von Arzneimitteln oder technisch nutzbaren Stoffen herangezogen werden. Und auch bei der Produktion von Nahrungsmitteln ist es heute Standard, sich verschiedenster Mikroorganismen zu bedienen.

Beispiele für Mikroorganismen in der Lebensmittelproduktion

Hefen

Hefen zählen zu den niederen Pilzen und vermehren sich durch Sprossung oder Spaltung. Diese Einzeller stellen die wichtigsten Mikroorganismen dar, die für die Lebensmittelproduktion eingesetzt werden. Ihre Fähigkeit,  bei der alkoholischen Gärung Zucker in Alkohol umzusetzen und Lebensmittel zu fermentieren, wird schon seit langer Zeit vom Menschen eingesetzt.

Alkoholische Gärung: Unter Gärung versteht man den Stoffwechselprozess, bei dem unter anaeroben Bedingungen – das heißt in Abwesenheit von Sauerstoff – Kohlenhydrate zum Energiegewinn abgebaut werden. Bei der alkoholischen Gärung der Hefen werden Kohlenhydrate, vor allem Glukose, zu Ethanol und Kohlenstoffdioxid umgesetzt. Unter den richtigen Bedingungen wächst Hefe explosionsartig.

Hefe wurde beispielsweise bereits in der Antike zur Bierherstellung genutzt – damals allerdings unter weniger kontrollierten Bedingungen als heute. In der Natur sind Hefen als so genannte wilde Hefen zu finden, für die Lebensmittelproduktion werden jedoch Kulturhefen gezüchtet und eingesetzt. . Die von Hefe gebildeten Stoffwechselprodukte lassen beim Backen den Teig aufgehen und verhelfen Getränken zu ihrem Alkoholgehalt. Deshalb werden Hefen zum Beispiel bei der Produktion von Brot, Bier, Wein, und Spirituosen eingesetzt.

Schimmelpilze

Als Schimmelpilze wird eine sehr heterogene Gattung filamentöser Pilze bezeichnet. Auch wenn mit ihnen im ersten Augenblick oft verdorbenes Essen assoziiert wird, so gibt es auch Vertreter dieser Gattung, die für die Lebensmittelproduktion nutzbar sind und hier vor allem für Fermentationsprozesse eingesetzt werden. Bei der Herstellung von Roquefort oder Camembert beispielsweise werden Edelschimmelarten als Reifungsorganismen verwendet und verleihen dem Käse den typischen Geschmack, ohne dabei für den Menschen schädlich zu sein. Auch bei der Herstellung von Salami, Alkohol oder Zitronensäure werden Schimmelpilze eingesetzt. Aromastoffe oder Lebensmittelfarbstoffe aus Schimmelpilzen finden in der Lebensmittelindustrie ebenfalls Verwendung. Ein Beispiel dafür ist die Herstellung von rotem Reis.

Milchsäurebakterien

Die Milchsäurebakterien gehören einer bestimmten Gruppe von Bakterien an, die durch den Prozess der Milchsäuregärung Lebensmittel konservieren. Sie sind in der Natur weit verbreitet und sind auch im Verdauungstrakt des Menschen zu finden. Die Eigenschaften der Milchsäurebakterien macht sich  der Mensch schon seit vielen tausenden Jahren zunutze.

Milchsäuregärung: Bei der Milchsäuregärung werden Kohlenhydrate zu Milchsäure und Kohlendioxid abgebaut. Die Milchsäure verleiht den Lebensmitteln den charakteristischen säuerlichen Geschmack und macht sie länger haltbar, indem sie das Wachstum unerwünschter Mikroorganismen verhindert.

Die von den Milchsäurebakterien produzierte Milchsäure bewirkt eine Verdickung von Milch und kommt bei der Herstellung von Joghurt, Buttermilch, Käse und anderen Milchprodukten zum Einsatz.  Milchsäurebakterien finden auch Verwendung bei der Weinerzeugung, bei der Herstellung von Sauerteig, Sauerkraut, sowie Kakao. Auch für probiotische Produkte, die unsere Darmflora unterstützen sollen, werden Milchsäurebakterien eingesetzt.

In der Lebensmittelproduktion kommt häufig eine Kombination mehrerer verschiedener Mikroorganismen zum Einsatz. So wird beispielsweise Essig durch die Vergärung von Wein durch Hefe und Essigsäurebakterien gewonnen.

Das Mikrobiom des Menschen

Früher war man der Meinung, dass der Mensch aus rund 10 Mal mehr Mikroben-Zellen als menschlichen Zellen besteht. Das Gesamtgewicht der Mikroorganismen im und auf dem Menschen wurde auf 0,5 bis 1 Kilogramm geschätzt [2]. Diese Ansicht wurde mittlerweile revidiert. Heute geht man davon aus, dass der menschliche Körper im Durchschnitt rund 30 Billionen Mikroorganismen beherbergt und aus etwa gleich vielen menschlichen Zellen besteht. Nach neuen Berechnungen trägt jeder Mensch in etwa 200 Gramm Mikroorganismen mit sich herum [3].

Als Mikrobiota wird die Gesamtheit aller Mikroorganismen bezeichnet, die einen Menschen besiedelt, und als Mikrobiom die Gesamtheit aller ihrer Gene bzw. Genome. Jeder Mensch hat eine einzigartige Zusammensetzung an Mikroorganismen, die ihn besiedeln, und hinterlässt quasi seinen persönlichen „mikrobiotischen Fingerabdruck“ in seiner Umwelt.

Jeder Mensch hat eine einzigartige Zusammensetzung an Mikroorganismen, die ihn besiedeln, und hinterlässt quasi seinen persönlichen „mikrobiotischen Fingerabdruck“ in seiner Umwelt. Im Zusammenhang mit dem Menschen werden mit Mikroorganismen oft als erstes Krankheitserreger assoziiert. Die meisten Mikroben im und auf dem Menschen sind aber keine krankmachenden Keime, sondern üben wichtige Funktionen aus. So helfen Mikroorganismen unter anderem, Nahrungsmittel zu verwerten, giftige Stoffe abzubauen oder Oberflächen zu blockieren, um so die Besiedelung mit Krankheitserregern zu verhindern.

Mikroorganismen kommen auf verschiedensten Wegen auf und in unseren Körper: Sie werden durch Hautkontakt, durch Einatmen, aber auch über die Nahrung von uns aufgenommen. Welchen Mustern das Wachstum bestimmter Populationen dann im Körper folgt und wovon dieses beeinflusst wird, ist Gegenstand intensiver Forschung. Da Korrelationen zwischen bestimmten Krankheiten und der Zusammensetzungen von Mikroorganismen im Körper beobachtet werden konnten, ist die Untersuchung des menschlichen Mikrobioms ein vielversprechendes Forschungsfeld. In welchem Ausmaß die aktiven und inaktiven Mikroorganismen, die wir über die Nahrung zu uns nehmen, auch Einfluss auf Krankheit und Gesundheit haben, ist noch unklar. Und auch die Frage, ob man gezielt durch Nahrung bestimmten Krankheiten vorbeugen oder diese gar heilen kann, bleibt momentan noch offen.

Referenzen:

[1] Locey KJ and Lennon JT: Scaling laws predict global microbial diversity (2016). PNAS. 113:5970-5975

[2] Luckey, TD: Introduction to intestinal microecology (1972). Am. J. Clin. Nutr. 25, 1292-1294

[3] Sender R. et al.: Revised estimates for the number of human and bacteria cells in the body (20 16). PLoS Biol. Aug 19;1 4(8)

 

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01.02.2021

bESSERwisser

Brot aus Sauerteig: Gesund und lange haltbar

Brot aus Sauerteig in Schüssel

Brotbacken ist wieder voll im Trend, und viele greifen dafür auf den guten alten Sauerteig zurück. Frisches Sauerteigbrot punktet vor allem mit seinem unvergleichlichen Duft und Geschmack. Aber was macht Sauerteig so besonders, und ist Sauerteigbrot gesünder als herkömmliches Brot, das mit Hefe gebacken wurde? Die bESSERwisser haben recherchiert.

Brotbacken: Vom antiken Ägypten bis heute

Brotbacken zählt zu den ältesten Errungenschaften der Menschheit. Dafür sind im Prinzip nur wenige Zutaten nötig: Wasser, Getreide (bzw. Mehl), Salz – und Triebkraft. Und diese kommt beim herkömmlichen Brot von der zugesetzten Hefe, und beim Sauerteigbrot von Milchsäurebakterien.

Es wird vermutet, dass Getreide bereits 700 v. Chr. von Menschen kultiviert wurde, um deren Überleben zu sichern. Schon im antiken Griechenland und Ägypten sowie bei den Römern und Babyloniern war Brot ein Teil der Ernährung. So war schon damals das Fladenbrot, das mit Hefe hergestellt wird, eine beliebte Form von Brot. Auch Sauerteigbrot hat eine lange Geschichte: Die Gärung von Weizen mit Hefe und Milchsäurebakterien ist ein uralter biochemischer Prozess, dessen Tradition im alten Ägypten seinen Ursprung hat.

Dank vielfältiger Technologien wird heute in weiten Teilen der Welt eine Vielzahl unterschiedlicher Brotarten gebacken. Auch das Sauerteigbrot hat sich bis zur jetzigen Zeit gehalten. Beim Brotbacken kommen neben Weizen auch andere Arten von Getreide zum Einsatz. Insgesamt werden weltweit über 30 Getreidesorten angebaut und konsumiert. Bei uns sind vor allem Weizen, Gerste, Reis, Roggen, Mais und Amaranth sowie Hirse bekannt [1].

Sauerteig: Einfache Herstellung aus Wasser und Mehl

Bei Sauerteig, einem der ältesten biologischen Triebmittel, handelt es sich im Prinzip um nichts anderes als ein fermentiertes Gemisch aus Mehl und Wasser. Die Herstellung von Sauerteig ist anfangs recht zeitaufwendig und beginnt mit dem Herstellen eines so genannten Starters, auch Anstellgut genannt: Dazu wird Wasser mit Mehl vermengt und zugedeckt bei Zimmertemperatur stehen gelassen. Alle 24 Stunden werden gleiche Mengen an Wasser und Mehl zugegeben. Damit Sauerteigbrot gelingt, ist es wichtig, dass der Sauerteig ausreichend aktiv ist. Das erkennt man daran, dass im Ansatz nach drei bis vier Tagen Luftbläschen sichtbar sind und er frisch säuerlich riecht. Für das Ansetzen von Sauerteig wird meist Weizen- oder Roggenmehl verwendet.

Ein Teil des Anstellguts kann dann ab dem dritten oder vierten Tag fürs Brotbacken verwendet werden. Der Rest der Sauerteig-Masse wird als Basis zum Weiterführen der Sauerteig-Kultur aufbewahrt. Diese muss regelmäßig mit Wasser und Mehl gefüttert werden. Ein Teil wird immer zum Brotbacken entnommen, und ein Teil wird weitergeführt. Es soll daher Sauerteige geben, die durch diesen Kreislauf schon mehrere Jahrzehnte alt sind.

Wird nicht wie beim Bäcker täglich Brot gebacken, kann der Ansatz im Kühlschrank gelagert werden, wo er länger haltbar ist und bis zu 14 Tage ohne „Füttern“ stehen kann. Zum Füttern nimmt man das Anstellgut aus dem Kühlschrank, vermengt es mit gleichen Teilen Mehl und Wasser und lässt das Ganze ein paar Stunden, wie gewohnt, bei Zimmertemperatur stehen. Sobald der Ansatz wieder Aktivität zeigt, kann er zurück in den Kühlschrank gestellt werden. Zum Backen nimmt man dann, je nach Rezept, einen Teil des Anstellguts aus dem Kühlschrank, um einen neuen Brotteig anzusetzen. Will man den Ansatz langfristig konservieren, kann er auch eingefroren oder getrocknet und als Trockensauerteig verwendet werden [1,2].

Säuerlicher Geschmack und Triebkraft des Sauerteigs durch Milchsäurebakterien

Mikroorganismen kommen heute standardmäßig bei der Lebensmittelproduktion zum Einsatz. Für das Gelingen von Sauerteig ist die Aktivität ganz bestimmter Mikroorganismen notwendig: Im Sauerteig finden sich vor allem Milchsäurebakterien, aber auch Essigsäurebakterien und Hefen. Die Milchsäurebakterien stammen aus dem verwendeten Wasser und dem Mehl. Die Mikroflora von Rohgetreide besteht aus Bakterien, Hefen und Pilzen und enthält die für den Sauerteig typischen Milchsäurebakterien.

Bei der Milchsäuregärung (Fermentation) wird das Mehl – genauer gesagt der Zucker aus dem Getreide – vergoren. Das saure Milieu und der anfangs niedrige pH-Wert von 5,0–6,2 bieten Milchsäurebakterien die idealen Bedingungen. Anhand ihres Gärungsstoffwechsels und der vorhandenen oder nicht vorhandenen Kohlenstoffdioxid-Produktion werden Milchsäurebakterien in verschiedene Gruppen eingeteilt. Man unterscheidet dabei zwischen homo- und heterofermentativen Arten. Homofermentative Bakterien produzieren bei der Fermentation ausschließlich Milchsäure, während bei der heterofermentativen Gärung zusätzlich Essigsäure, Kohlendioxid und Ethanol (Alkohol) entstehen. Im Sauerteig gibt es sowohl homo- als auch herterofermentative Milchsäurebakterien. Die typischen Arten im Sauerteig sind Lactobacillus plantarum (homofermentativ) und Lactobacillus brevis (heterofermentativ) [3,4].

Einfluss der Gärungsprodukte auf Geschmack und Konsistenz

Milch- und Essigsäure verleihen Backwaren aus Sauerteig letztendlich deren charakteristischen säuerlichen Geschmack. Das Kohlendioxid lockert als Triebmittel den Teig auf, weshalb heterofermentative Milchsäurebakterien bei der Sauerteigherstellung von größerer Bedeutung sind. Da bei schweren Hefe-Roggenteigen die Triebkraft der Hefe allein oft nicht ausreicht, werden noch zusätzlich Sauerteigkulturen beigemengt, um das Brot schön aufgehen zu lassen. Bei manchen Sauerteigrezepten wiederum kommt zusätzlich Hefe zum Einsatz. Durch die Zugabe von Hefe zum Sauerteig entstehen ebenfalls Kohlendioxid und Ethanol (Alkohol), welcher in Essigsäure umgewandelt wird [1,4].

Der Geschmack des Sauerteiges ist vom Verhältnis der gebildeten Milch- und Essigsäure abhängig. Dieses ist jedoch nicht immer gleich und hängt unter anderem von der Teigtemperatur bei der Teigführung ab. Hält man die Temperatur bei der Sauerteigherstellung niedriger – zwischen 24 und 28 Grad Celsius – wird der Teig saurer, da mehr Essigsäure entsteht. Bei höheren Temperaturen ab etwa 30 Grad Celsius überwiegt der Anteil an Milchsäure, und der Teig wird milder [5].

Auch die Konsistenz von Sauerteig ist nicht immer gleich. Sauerteig aus Roggenmehl erinnert in seiner Konsistenz an Schokoladenmousse, ein Weizensauerteig hingegen ist eher schaumig und leicht wabbelig. Es gibt aber auch andere Varianten, die auf Hafer, Gerste oder Mais basieren. Je nach verwendeter Getreideart variieren Geschmack, Nährwert und Haltbarkeit [2].

Vorteile von Brot aus Sauerteig

Die Milchsäuregärung beim Brotbacken ist traditionell, natürlich und nachhaltig. Die Verwendung von Sauerteig garantiert eine bessere Textur sowie Haltbarkeit im Vergleich zu konventionellem Brot aus Hefe. Das saure Milieu und die verschiedenen Metabolite – also Stoffwechselprodukte – von Mikroorganismen im Sauerteig tragen zur Hemmung des Wachstums von Schimmel und anderen schädlichen Mikroorganismen bei. Außerdem wird der Nährwert verschiedenster tierischer und pflanzlicher Lebensmittel durch die Fermentation mit Milchsäurebakterien verbessert [2,6]. Neueste Forschungen beschäftigen sich mit verschiedenen Getreidesorten als sogenanntes „functional food“. So werden Lebensmittel bezeichnet, die neben der Ernährung einen weiteren Zweck erfüllen und zusätzliche Vorteile für die Gesundheit bringen können. Darüber hinaus werden ernährungsphysiologische Vorteile von Sauerteig diskutiert [1]:

Höherer Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen

Unter allen Verarbeitungsmöglichkeiten von Getreide hat die Sauerteigfermentation den größten Einfluss auf den Gehalt und die Bioverfügbarkeit von sekundären Pflanzenstoffen. Letztere beschreibt die Aufnahme von Stoffen über den Darm während der Verdauung. Im Vergleich zu anderen Herstellungsverfahren ist der Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen in Backwaren aus Sauerteig wesentlich höher [6].

Niedriger glykämischer Index

Durch die Fermentierung sinkt der glykämische Index (GI) von Sauerteigbrot, und die Verdauung von Stärke wird erleichtert [6]. Der GI ist ein Maß für den Anstieg des Blutzuckers und der damit verbundenen Insulinausschüttung nach der Zufuhr von kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln. Lebensmittel mit einem niedrigen GI sind beispielsweise Vollkornprodukte, Obst, Gemüse oder Hülsenfrüchte. Der Verzehr von diesen Lebensmitteln wirkt sich somit günstig auf den Langzeitblutzucker aus und hat eine präventive Wirkung auf die Entwicklung von Diabetes mellitus Typ 2 [7].

Bessere Aufnahme von Nährstoffen

Durch die Milchsäuregärung entsteht ein saures Milieu, der pH-Wert sinkt und der Gehalt an Phytinsäure wird um mehr als die Hälfte reduziert. Im Vergleich zu konventionellem Vollkornbrot enthält Sauerteigbrot also wesentlich weniger Phytinsäure. Dadurch sind Mineralien, Aminosäuren und Proteine besser bioverfügbar. [6,8].

Bessere Verträglichkeit bei Zöliakie

Durch Enzyme der Milchsäurebakterien werden Proteine im Getreide aufgespalten. Das wirkt sich wiederum positiv auf die Verträglichkeit von Backwaren bei Menschen mit Allergien und Unverträglichkeiten aus. Während der Sauerteigfermentation wird das Klebereiweiß Gluten im Weizenmehl aufgespalten. Studien zeigten beispielsweise eine generell bessere Bekömmlichkeit von Sauerteigbackwaren für Menschen mit Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) [6].

Reduktion des Salzgehalts

Generell schmecken Backwaren aus Sauerteig von Natur aus salziger als herkömmliches Brot und Gebäck, da während der Fermentation durch Michsäurebakterien geschmacksbildende Fett- und Aminosäuren entstehen. Daher benötigt man weniger Salz, was sich wiederum positiv auf die Gesundheit auswirkt [6, 9].

Praxistipps: So gelingt das perfekte Sauerteigbrot

  • Für den Sauerteigansatz eignet sich am besten Bio-Mehl, das in der Steinmühle gemahlen wurde. Dieses enthält noch wertvolle Randschichten des Getreides, die zur Bildung des Sauerteiges wichtig sind.
  • Für besonders säuerliches und lockeres Sauerteig-Gebäck möglichst dunkles Mehl mit hoher Mehltype-Zahl verwenden. Diese Zahl gibt den so genannten Aschegehalt an – dafür werden 100 Gramm Mehl verbrannt, und die übrig gebliebene Asche wird gewogen. Je höher diese Zahl, umso höher ist auch der Mineralstoffgehalt des Mehls.
  • Sauerteig mag es warm. Daher sollte der Sauerteigansatz an einem konstant warmen Ort stehen, wie beispieslweise in der Nähe eines Heizkörpers. Alternativ kann man auch das Gefäß, in dem man den Sauerteig ansetzt, anwärmen. Im Sommer ist das nicht notwendig.
  • Den Sauerteigansatz sollte man auf jeden Fall abdecken, aber nicht luftdicht verschließen. Die Mikroorganismen brauchen etwas Sauerstoff, um zu arbeiten. Deshalb mit einem Tuch abdecken oder den Deckel eines Schraubglases lose auflegen.
  • Geduld, Geduld, Geduld. Wenn es beim ersten Mal nicht klappt, einfach einen neuen Versuch starten.
  • Für eine knusprige Brotkruste am besten den Laib vor dem Backen mit Wasser bestreichen, mit Mehl bestäuben und einritzen.
  • Tipp für Profis: Wer das Grundrezept beherrscht, kann sein Sauerteigbrot durch weitere Zutaten wie Nüsse, Kerne, Oliven, Apfel oder Speck aufpeppen.

Fazit

Die Herstellung von Sauerteig hat lange Tradition. Sauerteig besteht im Prinzip nur aus Mehl und Wasser und ist leicht zuzubereiten. Das Ansetzen und Verarbeiten verlangt jedoch etwas Zeit, Geduld und Übung. Seinen einzigartigen Geschmack und seine Textur erhält der Sauerteig vor allem durch die Milchsäuregärung der darin enthaltenen Bakterien. Das so entstehende saure Milieu beeinflusst auch maßgeblich die Haltbarkeit und den Nährstoffgehalt von Sauerteigbbackwaren. Im Gegensatz zu normalem Hefebrot ist Sauerteigbrot insgesamt gesünder und besser verträglich, auch für Menschen mit Allergien und Unverträglichkeiten.

Quellen

[1] Sakandar HA., Hussain R., Kubow S et al.: Sourdough bread: A contemporary cereal fermented product (2019). Journal of Food Processing and Preservation. DOI: 10.1111/jfpp.13883

[2] Süddeutsche Zeitung: „Die Diva unter den Broten“ – Sauerteig braucht viel Geduld (2015). 

[3] Röcken W.: Mikrobiologische Aspekte der Sauerteiggärung -Regulation der Essigsäurebildung (1996). Lehrerinformation Bäckereitechnologie.

[4] De Vuyst L. and Neysens P.: The sourdough microflora: biodiversity and metabolic interactions (2005). Trends in Food Science & Technology, 16(1-3), 43–56. doi:10.1016/j.tifs.2004.02.012

[5] Loderbauer J. Das Bäckerbuch in Lernfeldern. Verlag Handwerk und Technik, Hamburg, Deutschland, 2008.

[6] Gobetti M., De Angelis M., Di Cagno R. et al.: Novel insights on the functional/nutritional features of the sourdough fermentation (2019). International Journal of Food Microbiology, S. 103-113. DOI: 10.1016/j.ijfoodmicro.2018.05.018

[7] https://www.oege.at/index.php/component/content/article/56-bildunginformation/diaetetik/erkrankungen/1813-uebergewicht-adipositas

[8] Koistinen VM, Matilla O., Katina K. et al.: Metabolic profiling of sourdough fermented wheat and rye bread (2018). Sci Rep 8, 5684.

[9] Gobbetti M., Rizzello CG, Di Cagno R. et al.: How the sourdough may affect the functional features of leavened baked goods (2004). Food Microbiology, 37, S. 30–40. DOI: 10.1016/j.fm.2013.04.012

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12.01.2021

bESSERwisser

Kren: Natürliches Antibiotikum aus dem Garten?

Geriebener Kren ist scharf, gilt aber als natürliches Antibiotikum

Aufgrund steigender Antibiotikaresistenzen ist die Forschung stets auf der Suche nach neuen antimikrobiellen Wirkstoffen. Dabei spielen Naturstoffe, die schon in früheren Zeiten eingesetzt wurden, eine immer größere Rolle. So etwa gilt Kren – beziehungsweise die Krenwurzel – als natürliches Antibiotikum aus dem Garten. Doch wirkt Kren wirklich gegen Mikroben? Die bESSERwisser haben recherchiert.  

Gesunde Wurzel

Kren, im deutschen Sprachraum auch als Meerrettich bekannt, gehört zur botanischen Familie der Kreuzblütler. Die scharfe Wurzel wird seit dem Mittelalter als Gemüse und Gewürz in der Küche verwendet und darf auf keiner Brettljause fehlen. Kren wird nach dem Frost im späten Herbst und während des Winters geerntet und kann im Garten leicht angebaut werden. Das gesunde Wintergemüse ist reich an den Vitaminen C und B und besitzt wertvolle Mineralstoffe, wie etwa Natrium, Kalium, Magnesium und Eisen. Das Interesse der Forschung und den Einsatz in der Pflanzenheilkunde verdankt der Kren jedoch den scharfen Senfölen, die in seinen Wurzeln enthalten sind.

Senföle schützen Kren vor Fraßfeinden

Die Senföle der Wurzeln – so genannte Glukosinolate – dienen dem Kren als Schutz vor Fraßfeinden. Glukosinolate sind bestimmte sekundäre Pflanzenstoffe, denen gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt wird. Senföle finden sich auch in anderen Kreuzblütengewächsen wie etwa der Kapuzinerkresse, Senf und vielen Kohlarten. Wird das Gewebe einer solchen Pflanze zerstört, kommt es zur Reaktion der Glukosinolate mit einem speziellen Enzym, das ebenfalls in den Pflanzenzellen gespeichert ist. Dieses Enzym – die Myrosinase – spaltet die Schwefel-Zucker Verbindung der Glukosinolate zu Isothiocyanat, welches den scharfen Geschmack und Geruch hervorruft. Isothiocyanat kann jedoch nur entstehen, wenn die Pflanzenzellen durch Schneiden oder Kauen zerkleinert werden. Gekochter, intakter Kren hat deshalb auch keinen stechend scharfen Geschmack. Übrigens: Gegen die beißenden Dämpfe beim Krenreiben helfen ähnliche Tricks wie beim Zwiebelschneiden.

Das bekannteste Senföl ist Sinigrin. Vor allem schwarze Senfsamen, Kren, Kresse und Kohlsprossen enthalten nennenswerte Mengen an Sinigrin. Weiße Senfsamen hingegen enthalten höhere Anteile an Sinalbin, einem weniger scharfen Senföl.

Antimikrobielle Wirkung

Neben ihrer kulinarischen Verwendung wird die Krenwurzel seit jeher auch zur Behandlung von Krankheiten, besonders von Entzündungen und Rheumatismus, eingesetzt. Seit dem frühen 20. Jahrhundert werden Kreuzblütengewächse wissenschaftlich auf ihre antimikrobiellen Eigenschaften hin untersucht. Die scharfen Senföle konnten sich wirksam gegen verschiedene Erreger zeigen. Neben Viren und infektiösen Pilzen konnten sie in Versuchen auch krankmachende Bakterien hemmen.

Die steigenden Antibiotikaresistenzen und der damit einhergehende dringende Bedarf an neuen Antibiotika macht die antibakterielle Wirkung von Senfölen besonders interessant. In den letzten Jahren konnten einige Studien wichtige Erkenntnisse zur Wirkung von Senfölen gegen Bakterien liefern und machen Kren somit als natürliches Antibiotikum interessant:

  • Kapuzinerkresse und Krenextrakte zeigten gute Wirkung gegen bakterielle Erreger im Mundraum, die etwa Zahnfleischentzündungen hervorrufen. In klinischen Studien hatten die Extrakte außerdem eine Wirkung gegen Atemwegsinfekte (Bronchitis) und leichte Harnwegsinfekte, die mit jener von klassischen Antibiotika vergleichbar war [1].
  • Interessanterweise war eine Mischung von Isothiozyanaten aus Kren und Kapuzinerkresse nicht nur gegen Keime, die auch mit herkömmlichen Antibiotika bekämpft werden können, wirksam, sondern auch gegen antibiotikaresistente Keime [2].
  • Eine weitere Studie zeigte, dass Isothiozyanate die Wirkung von klassischen Antibiotika unterstützen können. Das macht ihren Einsatz vielversprechend, da so vielleicht das Risiko der Bildung von resistenten Keimen verringert werden könnte. Bei einer Kombination mit natürlichen Isothiozyanaten könnten geringere Dosen von herkömmlichen Antibiotika eingesetzt werden [3].

Natürliches Antibiotikum mit Schärfe

Der Mechanismus, mit dem die in den Senfölen enthaltenen Isothiozyanate Bakterien schädigen, ist nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass sie ähnlich wie Antibiotika die Zellmembranen von Bakterien, deren Proteinsynthese und ihren Metabolismus angreifen.

Ein Nachteil natürlicher Isothiozyanate im medizinischen Gebrauch ist deren scharfer Geschmack und die damit einhergehende Reizung des Verdauungstraktes. Eine Möglichkeit, dieses Problem zu umgehen, ist die Inaktivierung der in den Pflanzen enthaltenen Myrosinase durch Hitze. Die Glukosinolate werden dann nicht schon im Mund, sondern erst im Darm von den Myrosinasen der natürlich vorkommenden Darmbakterien zu Isothiozyanaten gespalten [4].

Einsatz von Kren: Ayurveda und Lebensmittelproduktion

Auch in der traditionellen indischen Heilkunst (Ayurveda) werden Senföle aus Pflanzen für die Ernährung und als Heilmittel eingesetzt. In Indien und Afrika findet vor allem der sogenannte Meerrettichbaum (Moringa oleifera), der Senfölglykoside in Blättern und Wurzeln enthält, gegen Entzündungen und Rheuma Anwendung [5].

Weiters wird der Einsatz von Isothiozyanaten gegen Pflanzenkrankheiten und als Konservierungsstoff für Lebensmittel diskutiert.  Allylisothiocyanat aus natürlichen Quellen ist in Japan bereits als Konservierungsstoff für Lebensmittel zugelassen [4].

Da die Schärfe des Krens jedoch auf das Verdauungssystem leicht reizend wirkt, sollten Personen mit Magen- oder Darmgeschwüren Kren nicht zu gesundheitlichen Zwecken zu sich nehmen. Auch Patientinnen und Patienten mit Schilddrüsenfehlfunktion sollten Kren nicht in großen Mengen konsumieren, da hohe Mengen der Glukosinolate die Jodaufnahme der Schilddrüse beeinträchtigen können [6].

Quellen

[1] Eichel V., Schüller A., Biehler K. et al.: Antimicrobial effects of mustard oil-containing plants against oral pathogens. An in vitro study (2020). BMC complementary medicine and therapies 20 (1), S. 156. DOI: 10.1186/s12906-020-02953-0.

[2] Conrad A., Biehler D., Nobis T. et al.: Broad spectrum antibacterial activity of a mixture of isothiocyanates from nasturtium (Tropaeoli majoris herba) and horseradish (Armoraciae rusticanae radix) (2013). Drug Res (Stuttg). 2013 Feb;63(2):65-8. doi: 10.1055/s-0032-1331754

[3] Palaniappan K. and Holley RA: Use of natural antimicrobials to increase antibiotic susceptibility of drug resistant bacteria (2010). International journal of food microbiology 140 (2-3), S. 164–168. DOI: 10.1016/j.ijfoodmicro.2010.04.001.

[4] Dufour V., Stahl M. and Baysse C.: The antibacterial properties of isothiocyanates (2015). Microbiology (Reading, England) 161 (Pt 2), S. 229–243. DOI: 10.1099/mic.0.082362-0.

[5] Food and Agriculture Organization of the United Nations: Traditional crops

[6] Felker P., Bunch R. and Leung AM: Concentrations of thiocyanate and goitrin in human plasma, their precursor concentrations in brassica vegetables, and associated potential risk for hypothyroidism (2016). Nutrition reviews 74 (4), S. 248–258. DOI: 10.1093/nutrit/nuv110.

 

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30.04.2020

bESSERwisser

Wie entstehen die Löcher im Käse?

Käse mit Löchern

Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, wie die Löcher im Käse entstehen? Dass Mikroorganismen daran beteiligt sind, ist den meisten noch bekannt. Doch welche Kleinstlebewesen dies genau sind, und wovon Anzahl und Größe der Löcher im Käse abhängen, wissen die wenigsten. Die bESSERwisser haben nachgeforscht.

Teilweise gibt es die wildesten Spekulationen darüber, wie die Löcher in unseren Käse kommen, doch so viel ist sicher: Es sind nicht die Mäuse, die die Löcher in den Käse fressen, auch wenn es sich manche Kinder in ihrer Fantasie so ausmalen. Und auch die Mitarbeiter der Molkerei mit ihren Käsebohrern sind nicht dafür verantwortlich – diese Gerätschaft dient lediglich zur Überprüfung vom Käse nach der Herstellung. Tatsache ist, dass Bakterien diesen Job bewerkstelligen.

Käse: Alte Tradition

Es wird vermutet, dass es bereits vor mehreren tausend Jahren in der Jungsteinzeit erste Ansätze für die Herstellung von Käse gab. Der früheste Beweis für Käseherstellung ist ein Tongefäß, in dem Käsespuren nachgewiesen werden konnten, und stammt aus dem 6. Jahrtausend vor Christus [1]. Von den Ägyptern und Griechen weiß man, dass sie Käse herstellten, ebenso von den Römern. Von letzteren ist bekannt, dass sie Käse durch Würzen und Beimengen von Kräutern verfeinerten. Die von ihnen entwickelte Käsekultur wurde im weiteren Verlauf der Geschichte durch die christlichen Klöster bewahrt und weitergegeben.

Herstellung von Käse

Das Prinzip der Käseproduktion ist simpel: Durch Ansäuern von Milch kann man ihre festen Bestandteile – vor allem das Milcheiweiß Kasein sowie Fett, Milchzucker und Mineralstoffe – von den flüssigen trennen. Der Großteil des Käses wird aus Kuhmilch hergestellt, seltener wird auch Milch von Schafen, Ziegen oder Büffeln dafür verwendet.

 

Die Produktion von Käse – auch „Käsen“ genannt – läuft in mehreren Schritten ab:

  • Vorbereitung: Die Milch wird zunächst gefiltert und pasteurisiert (erhitzt). Eine Ausnahme bildet hier der Rohmilchkäse, für dessen Herstellung unbehandelte Milch verwendet wird. Anschließend wird durch Hinzufügen oder Abtrennen von Rahm der gewünschte Fettgehalt eingestellt.
  • Milchgerinnung: Wie bei der Herstellung anderer Lebensmittel kommen auch hier Mikroorganismen zum Einsatz. Die Milch wird mit Milchsäurebakterien – so genannten Starterkulturen – versetzt, es entsteht Frischkäse. Bei der Herstellung von Schnittkäse und Hartkäse wird die Milch mit Lab zum Gerinnen gebracht. Lab ist ein Enzymgemisch, das aus dem Magen von Kälbern oder biotechnologisch gewonnen wird.
  • Dicklegen: Beim Dicklegen der Milch werden die Milchproteine gefällt, und es entsteht eine gallertartige Masse, die so genannte Dickete. Gleichzeitig bildet sich eine Flüssigkeit, die als Molke bezeichnet wird. In weiterer Folge wird der Proteinanteil der Milch zu Käse weiterverarbeitet.
  • Formen: Die Dickete wird klein geschnitten – je fester der Käse werden soll, umso kleiner die Stücke – dadurch entsteht der Käsebruch. Dieser wird dann je nach gewünschter Sorte noch erhitzt und kommt daraufhin in sortentypische Formen. Dadurch entstehen die typischen Käselaibe. Darüber hinaus werden diese in speziellen Vorrichtungen gepresst, um die Molke zu entfernen.
  • Solebad: Anschließend werden die Käselaibe in einer Salzlake gebadet, um ihnen weiteres Wasser zu entziehen und zur Geschmacksbildung beizutragen.
  • Reifung: Eine Reifung über Tage, Wochen oder Monate hilft dabei, das sortentypische Aroma zu entwickeln.

Die Löcher im Käse

Einige Käsesorten zeichnen sich durch charakteristische Löcher aus. Kleine Löcher – wie etwa jene des Tilsiters – entstehen, wenn der Käse nach dem Dicklegen nicht in Formen gepresst wird, sondern nur sanft geschichtet wird. Die lockere Struktur des Käsebruchs bleibt auch beim Härten bestehen und ist von feinen Löchern durchzogen.

Andere Käsesorten, wie etwa der Emmentaler, haben relativ große Löcher. Diese Löcher entstehen erst während der Reifung des Käses. Verantwortlich dafür sind Propionsäurebakterien: Diese bauen die von den Milchsäurebakterien erzeugte Milchsäure weiter zu Propionsäure, Essigsäure und Kohlendioxid ab. Das Kohlendioxid kann wegen der harten Textur und Rinde des Käses aber nicht entweichen. Es sammelt sich an verschiedenen Stellen im Käse an und bildet so die Löcher. Die Propionsäurebakterien verleihen dem Käse zusätzlich einen nussigen, leicht süßlichen Geschmack [2].

Moderne Verfahren in der Käseproduktion

Während man sich früher darauf verlassen musste, dass sich das Verhältnis und die Zusammensetzung der verschiedenen Bakterien im Käse von selbst richtig einstellt, ist dieser Prozess heutzutage streng kontrolliert. Die Produktion großer Käsemengen mit einheitlichen, regelmäßig verteilten Löchern ist aber nicht ganz einfach. Reifung und Lochbildung im Käse müssen laufend kontrolliert werden. Da die Käselaibe aber nicht alle aufgeschnitten werden können, um die Qualität zu prüfen, wurden in den vergangenen Jahren eigene Technologien dafür entwickelt.

Heute kommen verschiedene Methoden der Spektroskopie zum Einsatz, um die Qualität und chemische Zusammensetzung von Käse zu bestimmen. Zum Erfassen der Verteilung und Größe der Löcher werden Röntgenstrahlung oder Computertomographie eingesetzt [3].

Emmentaler: Schweizer haben Rätsel gelöst

Vor ein paar Jahren konnten Schweizer Forscher das Rätsel lösen, welcher Mechanismus genau für die Ansammlung und Verteilung der Löcher im Emmentaler Käse verantwortlich ist. Sie fanden heraus, dass Mikropartikel von Pflanzen – vermutlich von Heu – in der Milch verteilt vorliegen. An diesen kleinen Teilchen setzt sich das Kohlendioxid fest, das während der Reifung entsteht. Durch Experimente mit filtrierter, unfiltrierter und mit Heupulver versetzter Milch konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die Menge an Heupartikel entscheidend für die Anzahl und Größe der Löcher im fertigen Emmentaler ist [4].

Quellen:

[1] Salque M., Bogucki PI, Pyzel J. et al.: Earliest evidence for cheese making in the sixth millennium BC in northern Europe (2013). Nature 493 (7433), S. 522–525. DOI: 10.1038/nature11698.

[2] Fröhlich-Wyder MT, Bisig W., Guggisberg D. et al.: Cheeses With Propionic Acid Fermentation (2017). Cheese: Elsevier, S. 889-910. https://doi.org/10.1016/B978-0-12-417012-4.00035-1

[3] Lei T. and Sun DW: Developments of nondestructive techniques for evaluating quality attributes of cheeses (2019). A review. Trends in Food Science & Technology 88, S. 527–542. DOI: 10.1016/j.tifs.2019.04.013.

[4] Guggisberg D., Schuetz P., Winkler H. et al.: Mechanism and control of the eye formation in cheese (2015). International Dairy Journal 47, S. 118–127. DOI: 10.1016/j.idairyj.2015.03.001.

 

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27.04.2020

bESSERwisser

Kriecherl, Dirndl und anderes Wildobst: Gut und gesund

Schlehdorn

In Parks, Wäldern und auf anderen Grünflächen wächst oft Wildobst auf Bäumen oder Sträuchern, von denen nach Lust und Liebe geerntet werden kann. Auch in Städten gibt eine große Vielfalt an solchen Gewächsen. Wilde Haselnuss, Holunder und Hundsrose (Hagebutte) kennen wohl die meisten Menschen.  Die bESSERwisser stellen hier die weniger geläufigen Wildobstarten Felsenbirne, Dirndl (Kornelkirsche), Wildpflaume (Kriecherl), Schlehe, Elsbeere, Mispel und Maulbeere vor.

Was ist „Wildobst“?

Unter Wildfrüchten oder Wildobst versteht man die Früchte von Obstarten, die vom Menschen nur wenig züchterisch bearbeitet wurden. Das bedeutet  natürlich nicht, dass sie nicht auch in Gärten wachsen oder in manchen Regionen sogar erwerbsmäßig vermarktet werden können.

Zum Naschen frisch vom Baum oder Strauch sind viele Sorten bestens geeignet. Will man aber mehr von den Früchten ernten oder gar konservieren, zeichnen sie sich leider durch eine sehr aufwändige Verarbeitung mit viel Handarbeit aus. Deshalb haben sie auch nicht den Weg in die industrielle Lebensmittelproduktion gefunden.

Dabei haben viele Wildobstsorten erwiesenermaßen positive Auswirkungen auf die Gesundheit. Wildfrüchte enthalten häufig bioaktive Inhaltsstoffe, wie beispielsweise Anthocyane oder Flavonoide. Wildobst kann als freier Radikalfänger oder Antioxidans wirken und  entzündungshemmende, antimikrobielle und antikanzerogene Eigenschaften haben. Ein gesundheitlicher Benefit durch den Konsum von Wildobst konnte mittlerweile in vielen Studien gezeigt werden [1].

Felsenbirne

Felsenbirne, Bild: Melanie Konegger

Bereits im Juni kann man Felsenbirnen (Gewöhnliche Felsenbirne, manchmal auch Felsenmispel genannt) ernten. Ihre natürlichen Standorte sind sonnige Steilhänge, zum Beispiel auch im Wienerwald, und die Alpen. In  den letzten Jahren wird dieses Wildobst häufig in Parks und auf Grünstreifen oder in Hecken als  Futterangebot für Schmetterlinge und Vögel angepflanzt. Die Früchte haben allerdings keine Birnenform, der ursprünglich keltisch-gallische Name „amelanche“, zu Deutsch „Äpfelchen“, passt besser.

Felsenbirnen  sind dunkelblau und rund, in etwa nur so groß wie Kulturheidelbeeren und gehören zum Kernobst.  Sie enthalten u.a. Gerbstoffe, Flavonoide, Vitamine, Kalium und Zink.

Man kann die wohlschmeckenden Früchte roh genießen, sollte aber die kleinen Kerne unzerkaut schlucken, da sie – wie z.B. auch Apfelkerne – Blausäure enthalten. Bei der Verarbeitung zu Marmelade sollten die Kerne abgesondert werden, indem man das Mus durch die flotte Lotte dreht. Auch Saft oder Sirup lässt sich daraus machen, und natürlich auch Likör.

Maulbeere

Maulbeere, Bild: Pixabay, CCO

Die aus Asien stammende Weiße Maulbeere wurde ab dem 18. Jahrhundert in Europa gepflanzt, da die  grünen Blätter des Baumes als Nahrung für die Seidenspinnerraupen benötigt wurden.  Vor allem in Südeuropa wurden Maulbeerbäume als Grundlage für die Seidenproduktion gepflanzt, bis schließlich billige Seidenimporte  aus Südostasien diese überflüssig machten.  Aber auch in Österreich gibt es noch einzelne Maulbeerbäume und sogar Teile von Maulbeerbaumalleen, die damals auf Geheiß von Kaiserin Maria Theresia gepflanzt wurden.

Die Früchte ähneln länglichen Brombeeren und sind cremefarben oder ganz dunkel. Sie können direkt vom Baum gegessen werden oder müssen sofort getrocknet oder zu Saft verarbeitet werden, da sie sonst nicht haltbar sind. Da sie in unterschiedlichem Tempo reifen, erstreckt sich die Ernte über mehrere Wochen, von Ende  Juni bis Anfang August.

Die Früchte sind reich an Vitaminen, vor allem Vitamin C,  Mineralstoffen und Flavonoiden, haben aber auch einen für Obst ungewöhnlich hohen Eiweißgehalt. Sie wirken unter anderem blutdruckregulierend, cholesterinsenkend,  entzündungs­­hemmend und immunstärkend. In der traditionellen chinesischen Medizin finden auch die Blätter Verwendung.

Wildpflaume (Kriecherl)

Wildpflaume (Kriecherl), Bild; Melanie Konegger

Die Kriechen-Pflaume, in Österreich Krieche oder Kriecherl, in Deutschland  auch Hafer-Pflaume, Haferschlehe  oder  Pflaumenschlehe genannt,  ist eine unveredelte Kleinpflaume. Die kleinwüchsigen und kurzlebigen Bäume sterben am Ende ihres Lebens nicht ab, sondern bilden viele Jungtriebe aus dem Wurzelsystem. Daraus entstehen dichte Kriecherlgebüsche, die kaum noch zugänglich sind. Je nach Region können die Früchte sehr unterschiedlich aussehen: Im Waldviertel kommt das grün-gelbe und kugelige Waldviertler Kriecherl vor, meist sind die Früchte aber blau.

Die Früchte reifen Ende August bis September. Sie enthalten im Vergleich zu veredelten Pflaumensorten weniger Zucker, aber mehr Fruchtsäuren.

Das Fruchtfleisch lässt sich nicht gut vom Kern trennen. Das Marmeladekochen wird so zur Herausforderung. Oft wird daher dem Schnapsbrennen der Vorzug gegeben.

Kornelkirsche (Dirndl)

Kornelkirsche (Dirndl), Bild: Pixabay, CCO

Die in Ostösterreich als „Dirndl“  bezeichnete Kornelkirsche  ist den meisten wegen der zarten gelben Blüten bekannt. Das Hartriegelgewächs gehört zu den ersten blühenden Sträuchern. Bereits im März, bei warmen Wintern  schon im Februar, sind die Blüten in Gärten, Parks, Hecken  und an Waldrändern eine wichtige Bienenweide. Die Früchte reifen erst gegen Ende September und verstecken sich gut im dichten Blätterwerk.

Die glänzend roten länglichen Steinfrüchte enthalten einen großen Kern, der sich nur schwer vom Fruchtfleisch löst. Reife (sehr dunkelrote) Früchte können roh gegessen werden, sind allerdings etwas herb. Mit viel Geduld lässt sich daraus Marmelade zubereiten,  sie eigenen sich außerdem hervorragend zur Herstellung von Saft, Limonaden, Likören und Spirituosen. Getrocknete Früchte passen zu Fleisch- oder Reisgerichten oder als Kompott. Weniger bekannt ist die Verwendung der Blüten zur Aromatisierung von Getränken. Dirndl enthalten u.a. Gerbstoffe, Anthocyane, organische Säuren, mehrere Vitamine (B-C, E) und  Flavonoide.

In der Volksmedizin wurden die Früchte sowie ein Aufguss aus der Rinde als Mittel gegen Durchfall eingesetzt, daher auch der Name „Ruhrbeeren“.

Elsbeere

Elsbeeren, Bild: Melanie Konegger

Die Elsbeere, auch als Alz-oder Adlitzbeere oder Schweizer Birnbaum bekannt, ist ein Kernobst. Als Wildform kommt die wärmeliebende Elsbeere eher selten vor, unter anderem im westlichen Wienerwald, Teilen Niederösterreichs und des Burgenlands sowie in der Mittelsteiermark. Sie wird in letzter Zeit aber vermehrt angepflanzt, da sie eine wichtige Winterfutterpflanze für Eichhörnchen und Vögel ist. Die Bäume blühen erst Ende Mai/Anfang Juni, die Früchte können ab Ende September bis Ende Oktober geerntet werden.

Die rundlichen, kleinen Früchte haben erst eine grünliche, später rötliche  und schließlich eine bräunliche Farbe mit hellen Punkten. Die Oberfläche ist ledrig. Auch wenn sie nicht sehr einladend aussehen, sind sie auch roh genießbar. Sie enthalten viel Vitamin C  sowie Tannine, Fruchtsäuren und Carotinoide und sind leicht adstringierend.

Eine Besonderheit ist, dass die Früchte nicht abfallen, sondern nur nach und nach an den Stängeln verschrumpeln. Sie stehen Tieren, sofern sie nicht restlos abgefressen werden, den ganzen Winter über zur Verfügung. Die Ernte der Elsbeeren sollte erfolgen, bevor sie überreif werden. Die Früchte müssen händisch samt Stängeln einzeln aus den Bäumen gepflückt werden. Bei doch recht hohen Bäumen ist dies eine schwierige Aufgabe. Anschließend müssen die Elsbeeren noch, ebenfalls per Hand, von den Stängeln gelöst werden.

Je reifer die Früchte  werden, desto mehr Gerbstoffe werden abgebaut, und desto süßer werden sie.  Beim Einkochen zu Marmelade oder Kompott wird das Tannin durch die Hitzeeinwirkung abgebaut. Getrocknet finden Elsbeeren als Zutat für Müsli oder in Schokoladen Verwendung.  Am bekanntesten sind die Spirituosen – der Likör und noch mehr der Elsbeerenbrand, auch als Adlitzbeerenschnaps beziehungsweise im Elsass als Alisier bezeichnet.

Wie die Dirndln sind auch Elsbeeren als „Ruhrbirnen“ bekannt, da sie wegen der Gerbstoffe schon seit der Antike  ein beliebtes Mittel gegen Durchfälle und die Ruhr waren.

Schlehdorn

Schlehdorn, Bild: Pixabay, CCO

Der Schlehdorn (Schlehe, Schwarzdorn) bevorzugt sonnige Standorte und wächst in vielen Hecken und Parkanlagen. Er wird heute wieder vermehrt gepflanzt, da Vögel wie Meisen oder Grasmücken sowohl Nester in seinem Gestrüpp anlegen als auch die Beeren lieben. Der Neuntöter, ebenfalls ein Vogel,  spießt seine Beute gerne an den Dornen der Schlehe auf.

Die kleinen blauschwarzen, kugeligen Früchte reifen ab Ende September oder Oktober. Früher wurden sie erst nach dem ersten Frost geerntet, da sie davor sehr herb schmecken wegen des hohen Tanningehalts. Durch den Frost wird ein Teil der Gerbstoffe abgebaut. Wegen des Klimawandels wird heute oft durch Tiefkühlen nachgeholfen, wenn sich kein Frost einstellt.  Aus den Früchten kann Marmelade oder Fruchtsaft gemacht werden, aber auch Likör oder Schnaps (Schlehengeist). Man kann die Steinfrüchte aber auch kurz vor dem Reifen pflücken und wie Oliven einlegen. Auch die Blüten können in  Zuckerwasser benetzt und getrocknet als essbare Dekoration verwendet werden.

Blüten, Rinde und Früchte wirken adstringierend (zusammenziehend), harntreibend und fiebersenkend. Ein Tee aus den Blüten war früher bei Magenproblemen und Durchfallerkrankungen beliebt.

Mispel

Mispel, Bild: Pixabay, CCO

Die Mispel (auch Echte oder Deutsche Mispel) ist ebenfalls ein Kernobstgewächs. Der kleine Baum bevorzugt mildes Klima, stellt aber sonst nur geringe Standortansprüche. Die rundlichen, bei Wildformen nur 1,5 bis 3 cm Durchmesser großen Früchte (in Ostösterreich häufig Asperln genannt) werden erst gegen Ende Oktober oder Anfang November reif. Sie sind bräunlich und unansehnlich, mit großen Kelchblättern an der Spitze. Sie enthalten Gerbstoffe, Säuren und Vitamin C.

Mispeln können roh gegessen werden, allerdings empfiehlt es sich, die harten Kelchblätter nicht mitzuessen. Am besten kann man die Früchte nach dem ersten Frost essen, alternativ kann man sie vorher pflücken und danach lagern, bis sie essbar sind. Durch das Lagern werden Tannine und Fruchtsäuren abgebaut, die Früchte werden weich und ihr Zuckergehalt steigt. Am bekanntesten ist wohl ihre Verarbeitung zu Marmeladen.

Mispeln waren früher als Obstbäume weit verbreitet. Kulturformen haben auch etwa doppelt so große Früchte als Wildformen. Unreife Früchte haben einen Tannin-Gehalt von etwa 2,6 % und wurden mit Blättern und Borke zum Gerben genutzt. Aufgrund ihrer harntreibenden und adstringierenden Wirkung wurden sie gegen Fieber und Durchfall verwendet.

Quellen:

Li Y., Zhang JJ, Xu DP et al.: Bioactivities and Health Benefits of Wild Fruits (2016). Int J Mol Sci. 2016;17(8):1258. doi:10.3390/ijms17081258

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01.08.2019

bESSERwisser

Kann Obst ungesund sein?

Obst

Obst gilt als gesunde, leichte Nahrung, die den Körper nicht belastet. Vor allem jetzt im Sommer verlocken bunte Früchte, die süß und köstlich schmecken. Aber ist Obst wirklich so gesund? Nimmt man damit nicht zu viel (Frucht) Zucker auf, wie manche Ärzte warnen? Und wie sieht es mit der Pestizidbelastung aus? Die bESSERwisser haben dazu recherchiert.

Fruktose, der Zucker im Obst

Zucker sollte nur in Maßen genossen werden, soviel ist bekannt. 2015 gab die WHO diesbezüglich eine Empfehlung aus: Ein durchschnittlicher Erwachsener sollte pro Tag nicht mehr als zehn Teelöffel Zucker – das entspricht etwa 50 Gramm – zu sich nehmen, um Gewichtszunahme und Karies vorzubeugen. Noch besser wäre laut WHO ein täglicher Zuckerkonsum von maximal fünf Teelöffeln.[1] Sich daran zu halten ist schwierig, da die Industrie Zucker gerne andere Namen gibt. Hinter Bezeichnungen wie Glukose, Saccharose, Maltose oder Dextrose verbirgt sich nichts Anderes als Zucker. Auch Fruktose (Fruchtzucker), die in Obst natürlich vorkommt, ist eine bestimmte Zuckerart.[2]

„Zucker“ im Überblick

Rein wissenschaftlich gesehen handelt es sich bei den Zuckern um eine bestimmte Gruppe organischer Verbindungen, die sogenannten niedermolekularen Kohlenhydrate. Je nach Anzahl der einzelnen aneinandergereihten Bausteine (Saccharide) unterscheidet man Einfachzucker (Monosaccharide), Zweifachzucker (Disaccharide) und Mehrfachzucker (Oligo- und Polysaccharide).[3] Bei der im allgemeinen Sprachgebrauch als Zucker bezeichneten Saccharose, dem Kristallzucker, handelt es sich um einen Vertreter der Zweifachzucker.

Zu den Monosacchariden zählt zum Beispiel Glukose (Traubenzucker, Dextrose), die in Obst, Gemüse und Honig vorkommt. Dieser Zucker gelangt vom Darm direkt in die Blutbahn und dient dem Körper als schnellster Energielieferant. Fruktose (Fruchtzucker) ist in Früchten enthalten und wird in der Leber zu Glukose umgewandelt. Galaktose ist Bestandteil der Laktose und ist hauptsächlich in Milch und Milchprodukten zu finden. Bei Tagatose handelt es sich um einen Einfachzucker, der erst kürzlich seine Zulassung in der EU bekommen hat. Dieser wird aus Galaktose industriell hergestellt, kommt aber auch natürlich in Milchprodukten vor. Tagatose wird nur zu etwa 20 Prozent vom Dünndarm aufgenommen, hat einen geringeren Brennwert als Glukose und wird in erster Linie in Diätnahrung eingesetzt. [4]

 

Zu den Disacchariden rechnet man Maltose, die aus zwei Glukosemolekülen besteht. Im menschlichen Körper entsteht dieser Zucker bei der Verdauung stärkehaltiger Speisen, kann aber auch künstlich hergestellt werden. Aufgrund seines karamellartigen Geschmacks wird Maltose gerne für Backwaren verwendet. Laktose besteht aus Glukose und Galaktose und kommt hauptsächlich in Milch und Milchprodukten vor. Saccharose (Haushaltszucker, Kristallzucker, Rübenzucker, Rohrzucker) wird entweder direkt zum Süßen verwendet oder Lebensmitteln zugesetzt. Dieses Disaccharid wird aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr gewonnen und besteht zur einen Hälfte aus Glukose und zur anderen aus Fruktose.

 

Polysaccharide (Vielfachzucker) schmecken weniger süß. Zu ihnen zählen Stärke, Glykogen, Pektin, Chitin, Kallose und Zellulose. Polysaccharide dienen als Ballaststoffe, Reservestoffe und Nährstoffe. Man findet sie zum Beispiel in Getreidekörnern oder Kartoffeln. [5]

Unterschiedlicher Fruchtzuckergehalt in Früchten

Der Fruktosegehalt in Früchten ist generell relativ gering, kann jedoch je nach Obstsorte stark schwanken. Hier ein kleiner Überblick – angegeben sind immer Durchschnittswerte für Fruktose (Fruchtzucker) pro 100 Gramm Früchten für das jeweilige Obst: Datteln (31 Gramm), Kaki (acht Gramm), Weintrauben (sieben Gramm), Äpfel, Kirschen (sechs Gramm), Orangen, Bananen (drei Gramm), Wassermelone (fünf Gramm), Zitrone (ein Gramm), Papaya, Rhabarber (weniger als 0,5 Gramm).

Um die empfohlene Maximalmenge von 50 Gramm Zucker pro Tag durch den Konsum von Früchten zu überschreiten, müsste man ungewöhnlich große Mengen an Früchten verzehren. Um in einen gesundheitlich bedenklichen Bereich zu gelangen, müsste man beispielsweise eine große Wassermelone oder sechs mittelgroße Äpfel auf einmal verzehren. Ab dieser Menge käme man auf etwa 50 Gramm Fruchtzucker, was Dünndarm und Leber stark belasten kann. [6] Seriöse Beweisstudien, die besagen, dass ab dieser Menge Obst als ungesund eingestuft wird und schädlich wirkt, fehlen allerdings.

Industrielle Fruktose: Beliebt in der Lebensmittelproduktion

Fruktose kommt natürlich in Früchten vor, kann aber auch künstlich gewonnen werden. So wird beispielsweise aus Maisstärke ein spezieller Fruktose-Sirup hergestellt, der unter dem Namen High-Fructose-Corn-Syrup (HFCS) als hochkonzentrierte, industriell hergestellte Fruktose auf den Markt kommt. Seine Süßkraft ist um ein Vielfaches höher als die des Rübenzuckers. Die Lebensmittelindustrie nutzt gerne die Vorteile des synthetischen Fruchtzuckers: Er kristallisiert nicht und behält eine geschmeidige Konsistenz. So etwa bräunt mit Fruktose versetztes Gebäck gleichmäßiger, und bei Tiefkühlkost bilden sich keine Eiskristalle. Trotz dieser Vorteile kann es hier für den Endverbraucher problematisch werden, denn unbewusst werden oft große Mengen von HFCS aufgenommen. Ein mit HFCS gesüßter Fertigsmoothie enthält beispielsweise bis zu 40 Gramm Fruchtzucker pro Liter, was einer kleinen Wassermelone entspricht.

Zu viel Fruchtzucker kann krank machen

Da Fruktose nur über die Leber verstoffwechselt werden kann, belasten größere Mengen ab etwa 50 Gramm dieses Organ. Überschüssige Fruktose wird ins Blut abgegeben, wodurch Cholesterin- und Blutfettwerte steigen. Der Zucker wird in weiterer Folge im Körper als Fett eingelagert. Dauerhafter Konsum von großen Mengen an Fruchtzucker kann deshalb zu Übergewicht führen, und das Risiko einer Fettleber steigt. Auch Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes Typ 2, Adipositas oder Gicht können mögliche Folgen sein. Es gibt einige Studien, die einen Zusammenhang vom Verzehr von Fruchtzucker und diesen Krankheiten belegen. Allerdings konnte darin nicht eindeutig bestätigt werden, dass der Fruchtzucker alleine verantwortlich für die gesundheitlichen Probleme ist. [7, 8]

Verdauen mit Bauchweh

Der Konsum von Fruktose in größeren Mengen kann jedoch auch aus einem anderen Grund unangenehm werden, denn zu viel davon kann in manchen Fällen Verdauungsbeschwerden verursachen. Dies lässt sich so erklären: Vom Körper aufgenommene Fruktose gelangt zunächst in den Dünndarm. Handelt es sich dabei um große Mengen, die den Dünndarm überfordern, kann dieser nicht die gesamte Menge an Fruchtzucker verwerten. Fruktose gelangt so in weiterer Folge auch in den Dickdarm, und die Darmflora ändert sich. Bakterien im Dickdarm nehmen große Fruktosemengen als Anlass, um sich übermäßig zu vermehren und produzieren dabei Säuren und Gase. Viele Menschen spüren das in Form von Bauchschmerzen, Blähungen oder Durchfall. Die Toleranzschwelle ist hier von Mensch zu Mensch recht unterschiedlich. Bei starker Ausprägung spricht man von Fruktoseunverträglichkeit, die beim Arzt getestet werden kann. [9]

Fruchtzucker in Getränken

Obst enthält neben Fruchtzucker auch Ballaststoffe. Da diese im Verdauungstrakt aufgespalten werden müssen, wird Fruktose nach dem Verzehr von Früchten langsam abgebaut. Die Aufnahme des Fruchtzuckers ins Blut wird verzögert, und der Blutzuckerspiegel steigt nur langsam an. Ballaststoffe, wie beispielsweise Pektin, binden außerdem Wasser und quellen im Magen auf. Dadurch wird die Magenentleerung verzögert, und das Sättigungsgefühl hält länger an.

Konsumiert man anstatt von Früchten den daraus gewonnenen Fruchtsaft, verhält es sich anders: Fruchtsäfte ohne zugesetzte Ballaststoffe lassen den Blutzuckerspiegel schneller ansteigen, und man verspürt nach deren Genuss schneller wieder Hunger. Da das Sättigungsgefühl aufgrund der fehlenden Ballaststoffe nicht so rasch einsetzt, trink man bei Fruchtsäften auch schnell größere Mengen, als man in Form von Früchten zu sich nehmen würde. Es macht für den Körper also einen großen Unterschied, in welcher Form man Obst zu sich nimmt.

Fruchtgetränke im Überblick

Im Handel findet man unterschiedliche Bezeichnungen von Fruchtgetränken [10]: Unter Fruchtsaft versteht man ein flüssiges Erzeugnis aus Früchten, bei dem der Fruchtgehalt 100 Prozent betragen muss. Man unterscheidet zwischen Direktsaft und Fruchtsaft aus Konzentrat, wobei beim Konzentrat der Fruchtsaft im Herkunftsland konzentriert und im Zielland rückverdünnt wird. Ein Fruchtsaft aus Orangen enthält beispielsweise etwa 40, Apfelsaft sogar bis zu 68 Gramm Fruktose pro Liter. Bei Fruchtnektar ist der gesetzlich vorgeschriebene Mindestgehalt an Fruchtsaft oder Fruchtmark je nach Fruchtart verschieden. Bei Mango muss dieser beispielsweise 25 Prozent, bei Nektar aus Pfirsich 50 Prozent betragen. Fruchtnektar darf bis zu 20 Prozent des Gesamtgewichts an Zucker oder Honig zugesetzt werden. Frischsaft ist zu 100 Prozent frisch gepresster Saft aus Früchten.

Fruchtsaftgetränke zählen zu den Erfrischungsgetränken und enthalten nur geringe Mengen an Fruchtsaft. Bei Zitrusfrüchten sind es beispielsweise sechs Prozent, bei Trauben oder Kernobst 30 Prozent. Zucker und Aromastoffe dürfen ebenfalls beigefügt werden. Bei Smoothies wird die ganze Frucht, manchmal sogar mit Schale, verarbeitet. Als Basis dienen Fruchtmark oder Fruchtpüree, die mit Wasser, Milchprodukten oder Pflanzenmilch vermengt werden, um eine cremige Konsistenz zu erhalten. Smoothies schmecken gut und vermitteln noch dazu das Gefühl, etwas Gutes für den Körper zu tun. Allerdings kann der Genuss eines Smoothies schnell mit großen Mengen an Fruchtzucker zu Buche schlagen: So etwa enthält ein Smoothie aus drei Äpfeln, zwei Orangen, einer Banane und 100 Gramm Erdbeeren rund 40 Gramm Fruktose – damit wäre das Fruktosekonto für diesen Tag dann auch schon beinahe voll.

Pestizide – die gefürchtete Chemie im Obst

Seit der Einführung des Glyphosatverbots in Österreich im Juli sind Konsumenten für das Thema Pestizide besonders sensibilisiert, und Berichterstattungen über Schadstoffe in Lebensmitteln erwecken großes Interesse. Eine Behandlung mit Pestiziden sieht man dem Obst nicht an, und man schmeckt sie auch nicht, daher sind diese Stoffe oft gefürchtet. Im Durchschnitt wird konventionelles Obst – vom kleinen Pflänzchen bis zur reifen Frucht – bis zu 53 Mal gespritzt, bevor es in die Supermarktregale gelangt. [11] In Europa sind aktuell etwa 290 verschiedene Substanzen zugelassen, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden, und konventionell wirtschaftende Landwirte kommen kaum ohne Pestizide aus. Bei Kritik verweisen Landwirte und Supermärkte meist auf Grenzwertbestimmungen, die in Österreich selten überschritten werden. Allerdings gelten die Grenzwerte für einzelne Pestizide, und nicht für die Gesamtbelastung aller eingesetzten Spritzmittel. Der gesamte Schadstoffcocktail, der sich durch das Spritzen insgesamt ergibt, kann sich in manchen Fällen sehr wohl auf die Gesundheit auswirken.

Studien zu Pestizidbelastungen

Eine 2015 durchgeführte Studie aus den USA [12] zeigte, dass die männliche Spermienzahl und der Anteil an morphologisch normalen Spermien geringer werden, wenn Obst mit hohen Pestizidbelastungen konsumiert wird. Eine 2017 erschienene dänische Langzeitstudie untersuchte, wie sich Pestizidrückstände verschiedener Substanzen in Lebensmitteln langfristig auswirken. Die Studie kam zu dem Schluss, dass die Auswirkungen unbedeutend für die Gesundheit wären. [13]

Ende 2018 zeigte ein Stichproben-Test der Arbeiterkammer Wien, dass 88 Prozent des getesteten Obstes Rückstände von Schadstoffen beinhaltete. Allerdings lagen alle Werte für einzelne Pestizide unter dem gesetzlichen Grenzwert. Addiert ergab die Gesamtmenge an Schadstoffen auf eine Frucht aber eine hohe Belastung. Hilfreicher wäre es somit, den Konsumenten die Gesamtbelastung durch alle Schadstoffe im Obst offenzulegen, um gesundheitliche Folgen besser abschätzen zu können. [11] Eine Erhebung von Global 2000 im Jahr 2015 ergab, dass biologisch angebautes Obst kaum bis keine Pestizidbelastungen aufweist. [14]

Fazit

Eine gesunde, ausgewogene Ernährung sollte unbedingt Obst beinhalten. Wer normale Mengen an Früchten isst, tut seinem Körper etwas Gutes und riskiert weder Bauchschmerzen noch andere gesundheitliche Beschwerden – vorausgesetzt, es liegt keine Unverträglichkeit vor. Beim Konsum fertiger Getränke aus Früchten heißt es jedoch schon vorsichtiger sein: Über Fruchtsäfte, Smoothies und Co können schnell große Mengen an Fruchtzucker aufgenommen werden. Hier sollte man darauf achten, unter den empfohlenen Maximalwerten für Fruktose zu bleiben, um Beschwerden zu vermeiden. Und wer Angst vor Pestizidbelastungen hat und hier auf Nummer sicher gehen möchte, wählt am besten Biofrüchte, denn Biologisch angebautes Obst darf keine naturfremden Pestizide enthalten. [15, 16, 17]

Quellen:

Abgerufen am 1.8.2019

¹ AGES: Guideline:Sugars intake for adults and children (2015)

² Deutsche Verbraucherzentrale, Lebensmittelklarheit: Zucker hat viele Namen

³ Lifeline, das Gesundheitsportal: Glucose plus Fructose gleich Saccharose: Zuckerarten im Überblick

⁴ Science Direct: Tagatose

⁵ Science direct: Polysaccharides

⁶ Stanhope Kl: Sugar consumption, metabolic disease and obesity: The state of the controversy (2016). Crit Rev Clin Lab Sci. 2016;53(1):52-67.

⁷ Chiu S, Sievenpiper JL, de Souza RJ et al.: Effect of fructose on markers of non-alcoholic fatty liver disease (NAFLD): a systematic review and meta-analysis of controlled feeding trials (2014). Eur J Clin Nutr. 2014 Apr;68(4):416-23

⁸ Sievenpiper JL, de Souza RJ, Mirrahimi A. et al.: Effect of fructose on body weight in controlled feeding trials: a systematic review and meta-analysis (2012). Ann Intern Med. 2012 Feb 21;156(4): 291-304.

⁹ Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Fruktoseintoleranz

¹⁰ Rechtsinformationssystem des Bundes: Fruchtsaftverordnung

¹¹ Arbeiterkammer Wien: Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln bei Obst und Gemüse aus Wiener Supermärkten und Märkten (2018).

¹² Chiu Y., Afeiche M., Gaskins A., et al.: Fruit and vegetable intake and their pesticide residues in relation to semen quality among men from a fertility clinic (2015). Hum Reprod. 2015 Jun; 30(6): 1342–1351.
Published online 2015 Mar 30.

¹³ Larsson M., Nielsen V., Bjerre N., et al.: Refined assessment and perspectives on the cumulative risk resulting from the dietary exposure to pesticide residues in the Danish population (2018). Food and Chemical Toxicology, Volume 111, January 2018, Pages 207-267.

¹⁴ Global 2000: Bio vs. konventionell (2015)

¹⁵ Global 2000: Pestizide

¹⁶ Bio Austria: Bio-Rechtsvorschriften

¹⁷ Kommunkationsplattform Verbrauchergesundheit: Veröffentlichungen zur biologischen Produktion (2019)

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20.03.2019

bESSERwisser

Essen und Umwelt: Die Ökobilanz unserer Ernährung

Schwebender Baum in Schale, Umweltschutz

Könnten Sie sich vorstellen, 50 % weniger Zucker und Milchprodukte und bis zu 75% weniger Fleisch zu konsumieren? Und das nicht nur in der Fastenzeit, sondern für immer? Genau das fordern nämlich zahlreiche Studien zum Thema Ernährung. Dabei geht es nicht mehr ausschließlich um eine gesunde Ernährung, sondern auch darum, unseren Planeten zu retten – die Ökobilanz unserer Ernährung sollte auch stimmen. Die bESSERwisser haben zusammengefasst, wie sich unsere Konsumgewohnheiten auf die Umwelt auswirken.

Einfluss unserer Ernährung auf die Umwelt

Seit den letzten Jahren beschäftigt sich die Wissenschaft intensiv mit den Umweltaspekten unserer Lebensmittel, und eine Vielzahl  an Studien wurde bereits zu dieser Thematik durchgeführt. Die zentrale Frage dabei ist, wie wir uns gleichzeitig gesund und  nachhaltig ernähren können. Aktuell wird in diesem Zusammenhang häufig die “EAT-Studie“ zitiert.

Was haben Klimawandel, Artenvielfalt oder Wasserressourcen mit unserer Ernährung zu tun, und wie wird das erhoben? Für das Erstellen einer Ökobilanz müssen unter anderem folgende Faktoren berücksichtigt werden:

  • Klimawandel: In den letzten Jahren wurde am häufigsten der Beitrag der Landwirtschaft zur globalen Erwärmung erhoben, also wie viel CO2 (Kohlendioxid) und Methangase emittiert werden. Wiederkäuer wie Rinder, Schafe, Ziegen usw. produzieren bei ihrer Verdauung Methangase,  CO2 kommt  von der Produktion von Düngemitteln, Kraftstoffen sowie von der Verarbeitung und dem Transport der Lebensmittel. Der Anteil  der Landwirtschaft an den Klimagasen beträgt bis zu 30%. Andererseits kann hier die Landwirtschaft Gegenmaßnahmen treffen, wie z. B. durch Aufforstung, Anpflanzung von Bodenbedeckern usw. [1]
  • Zerstörung der Artenvielfalt: Am gravierendsten beeinflusst die Lebensmittelerzeugung den Verlust der Biodiversität (Artenvielfalt) auf unserem Planeten. Zum einen sind hier die Zerstörung natürlicher Ökosysteme und Abholzung zu nennen, um neuen Raum für Plantagen, Felder oder Weiden zu schaffen. Zum anderen sind es große Monokulturen mit großflächigem Pestizid- und Herbizid-Einsatz, die keinen Lebensraum für Tiere und Platz für Wildpflanzeninseln bieten. Auch die Zerstörung von Uferregionen durch nicht nachhaltige Aquakulturen sowie die Überfischung der Meere trägt zum Schwinden der Artenvielfalt bei. [1, 3]
  • Wasserverbrauch: Die Lebensmittelproduktion verbraucht etwa 70% des weltweiten Süßwassers, in Form von Bewässerung der Pflanzen, Tränkung von Tieren und Verarbeitung von Lebensmitteln. Wichtig ist dabei der Unterschied zwischen der Nutzung von Süßwasser aus Gewässern oder Grundwasser und der Nutzung von natürlichem Niederschlag. Maßnahmen zur Verringerung der Verdunstung aus Böden und wassersparende Bewässerungsmethoden verringern den Wasserverbrauch, aber derzeit überwiegt noch der Raubbau an den Wasserressourcen. Die Landwirtschaft ist durch massiven Dünger- und Pestizideinsatz  in einigen Regionen wesentlich für die Wasserverschmutzung mitverantwortlich. [2]

Ökobilanz von Lebensmitteln

Es ist noch nicht sehr üblich, auch für Lebensmittel eine Ökobilanz zu erstellen. Dafür müssten neben den obigen drei Punkten auch noch die Produktion von Phosphaten und Nitraten (Dünger), Pestiziden und Herbiziden sowie von Landwirtschafts- Maschinen miteinbezogen werden.  Danach kommen  auch noch die Verarbeitung der Lebensmittel (zum Beispiel das Mahlen des Getreides, das Rösten des Kaffees) und deren Transport und Lagerung dazu. Die Qualität der Böden beziehungsweise deren Verminderung durch Übernutzung spielen ebenfalls eine Rolle. Bei Weidevieh sollte erhoben werden, ob es nur auf für den Ackerbau ungeeigneten Böden gehalten wird oder nicht. Bei Stallvieh kommt es auch darauf an, ob die entstehenden Methangase in Biogasanlagen verwertet oder nur emittiert werden. Bei allen Nutztieren  muss deren Ernährung miteinbezogen werden. Das Wohl der Tiere wird allerdings von den Studien nicht berücksichtigt.

Die Menge macht es aus

In vielen Studien wird das Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum als Bedrohung für unsere Umwelt angeführt. Hier herrscht eine große Ungleichheit: So sind weltweit immer noch etwa 820 Millionen Menschen unterernährt, und etwa 2 Milliarden sind nicht ausreichend mit allen Nährstoffen versorgt. Umgekehrt verbrauchen Menschen in den reichen Ländern und zunehmend auch in den sogenannten Schwellenländern zu viel: Wenn alleine dieser Teil der Weltbevölkerung durchschnittlich nicht mehr als 2200 (wie von der WHO empfohlen) bis maximal 2500 Kilokalorien pro Tag konsumieren würde, dann würde das bereits zu einer deutlichen Reduktion der Umweltbelastung beitragen. Zugleich wäre diese Einschränkung auch gut gegen Übergewicht und damit verbundene Krankheiten. Sehr wichtig ist dabei auch, wie die vielen Lebensmittelabfälle verringert werden können. [1,2]

Auslagerung von Umweltschäden

Fast jeder Kauf eines Nahrungsmittels beeinflusst indirekt die Umwelt in anderen, meist fernen Ländern. Diese indirekte Verantwortung der Konsumenten für globale Umweltauswirkungen nennen Forscher „Telekonnektion“. [3]   Uns sollte zu denken geben, dass Europa und Nordamerika 90% der Umweltschäden, die durch ihren Nahrungsmittel-Konsum entstehen, in andere Weltregionen, besonders in tropische Regionen, ausgelagert haben. [3]

Hier kommt wieder der Fleisch- und Michproduktekonsum ins Spiel: Rinder bzw. Kühe haben unter üblicher Haltung eine schlechte Umweltbilanz. Sie dienen uns nicht nur als Fleisch-, sondern auch als Milchproduzenten.  Eine Massentierhaltung mit Hochleistungskühen, die große Mengen an importiertem Kraftfutter wie Soja oder Getreide benötigen, um eine hohe Milchleistung zu erbringen, ist ein gutes Beispiel für Telekonnektion. Würden wir robustere Rinder halten und artgerecht mit Gras bzw. Heu füttern, dann würden Milch und Milchprodukte in wesentlich geringeren Mengen produziert werden können. Beim Fleisch ist es ähnlich: Auch wenn es von heimischen  Tieren stammt, wird das Futter überwiegend importiert und somit die damit verbundene Umweltbelastung ausgelagert. Eine Reduktion unseres Fleisch- und Milchkonsums sowie eine Abkehr von der Massentierhaltung  könnten wesentlich zur Entlastung der Umwelt beitragen.

Auch das von Ernährungsexperten empfohlene gesunde Obst und Gemüse kann ein Beispiel für Telekonnektion und schlecht für die Ökobilanz sein. Viele Sorten haben einen hohen Wasserbedarf. Das ist in wasserreichen Ländern kein großes Problem, sehr wohl aber in wasserarmen Ländern. Vegetarische und vegane Diäten mit einem hohen Obst- und Gemüseanteil haben entsprechend auch einen vergleichsweise hohen Wasserverbrauch.[2]

Zu komplex für Konsumenten?

Durch bewusstes Einkaufen können Konsumenten teilweise relativ einfach zu einer verbesserten Ökobilanz beitragen. So können sie zum Beispiel regional und saisonal einkaufen. Aber danach wird es schwierig. Bei der Umweltbelastung spielen so viele komplexe Dinge eine Rolle, dass man sehr leicht den Überblick verliert.

Je nördlicher Länder liegen, desto schwieriger ist zum Beispiel eine Versorgung der Bevölkerung mit ausreichenden Mengen an Obst und Gemüse aus lokaler Produktion. Was ist nun umweltschädlicher, der Import von Frischobst aus südlichen Ländern, der lokale Anbau in geheizten Glashäusern oder importierte Tiefkühlware? Wenn man jetzt beim Frischobst zusätzlich zum Transport die Anbaubedingungen im Herkunftsland prüfen müsste, beim Glashaus den Energieverbrauch und die Energiequelle zur Beheizung  und bei der Tiefkühlware den Anteil des Strom- und Kraftstoffverbrauchs der Kühlkette und der Tiefkühltruhen samt den dafür eingesetzten Energiequellen, dann braucht es gleich mehrere Wissenschaftler.

Es gibt zwar einige vergleichende Berechnungen, allerdings wird dabei fast immer nur der Effekt auf die Klimaerwärmung verglichen, und keine weiteren Daten werden berücksichtigt. Tiefkühlprodukte schneiden in Europa meist ganz gut ab, ganz anders ist die Situation zum Beispiel in Afrika. [4] Der Transportweg von Frischware alleine mag vielleicht weniger CO2 kosten als der Anbau im Glashaus, der Raubbau an Wasserressourcen im Herkunftsland wurde aber dabei nicht mitberechnet. Den Konsumenten bleibt hier eine allgemeine Verunsicherung und der gute Rat, doch zumindest die Einkäufe umweltfreundlich per Fahrrad oder zu Fuß zu erledigen.

Fazit

Wir als Konsumenten können durch eine starke Einschränkung unseres Fleischkonsums, einen reduzierten Milchproduktkonsum und eine geringere Gesamtkalorienzufuhr zum Klima- und Umweltschutz beitragen. Darauf zu achten, nicht zu viel einzukaufen und keine Lebensmittel verderben zu lassen, schont ebenfalls unseren Planeten. Sowohl für die Umwelt als auch für die Gesundheit ist es auch gut, öfters einmal bewusst unnötige Lebensmittel wie Süßigkeiten oder alkoholische Getränke wegzulassen. Zudem hilft es, immer wieder zu hinterfragen, woher Produkte kommen und unter welchen Umständen sie erzeugt werden – und zwar nicht nur beim Einkauf, sondern auch beim Essen außer Haus.

 

Referenzen:

[1] Willett W., Rockström J., Loken B. et al.: Food in the Anthropocene: the EAT–Lancet Commission on healthy diets from sustainable food systems. Lancet. 2019 Feb 2;393(10170):447-492. doi: 10.1016/S0140-6736(18)31788-4. Epub 2019 Jan 16.

[2] Ridoutt B.G., Hendrie G. A., Noakes M.: Dietary Strategies to Reduce Environmental Impact: A Critical Review of the Evidence Base. Advances in Nutrition. 2017 Nov 8;933–946: doi: 10.3945/an.117.016691

[3] Marques, A., Martins, I.S., Kastner, T. et.al: Increasing Impacts of land use on biodiversity and carbon sequestration driven by population and economic growth. Nature Ecology & Evolution (2019) 04.03.2019 doi:10.1038/s41559-019-0824-3 https://www.nature.com/articles/s41559-019-0824-3

[4] Oludaisi A., Tamba J., Rotimi S. and Zhongjie H.: Sustaining the shelf life of fresh food in cold chain – A burden on the environment. Alexandria Engineering Journal (2016), Volume 55, Issue 2, June 2016, Pages 1359-1365.   https://doi.org/10.1016/j.aej.2016.03.024

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02.08.2017

bESSERwisser

Konservieren: Wie kann man Lebensmittel haltbar machen?

Konservierte Lebensmitteln

Es gibt viele Möglichkeiten, um Lebensmittel zu konservieren und haltbar zu machen. Die bESSERwisser haben nachgeforscht, welche Methoden es hier gibt.

Zuckern

Gerade in der heißen Jahreszeit eine schöne Methode, um beispielweise Beeren zu konservieren, ist die Zugabe von Zucker. Zucker bindet Wasser und entzieht damit Bakterien die Lebensgrundlage [1]. Dafür kocht man das Obst mit Zucker auf oder legt es in eine Zuckerlösung ein. Da Wasser entzogen wird, kommt die Süße besonders zur Geltung. Durch das Zuckern kann man Nahrungsmittel bis zu zwei Jahre konservieren. Eingekochte Marmelade oder Konfitüre mit Vakuumverschluss ist nahezu unbegrenzt haltbar. Sie kann überall aufbewahrt werden und ist fast immer sicher vor Schimmelbefall oder Ungeziefer [2].

Pökeln

Ähnlich wie beim Zuckern wird auch beim Pökeln dem Nahrungsmittel Feuchtigkeit entzogen, hier jedoch mit Salz. Daher eignet sich diese Methode des Konservierens vor allem für Nahrungsmittel, die pikant genossen werden sollen.  Reibt man ein Nahrungsmittel mit Pökelsalz ein, hat es durch das Nitrit oft ein typisches Pökelaroma. [1]

Auch das Nasspökeln ist eine Form des Pökelns, das vor allem für Fleisch eingesetzt wird. Hier wird der chemische Prozess der Osmose ausgenutzt, der dazu führt, dass Salz ins Fleisch strömt und Wasser entzogen wird:

Osmose

Osmose ist ein sehr wichtiger physikalisch-chemischer Vorgang. Um den Prozess der Osmose besser zu verstehen, der in vielen Koch- und Zubereitungsvorgängen essentiell ist, hat Thomas Vilgis in seinem Buch [3] ein Gedankenxperiment zur Osmose für den Leser erstellt.

Er erklärt die Osmose mit einem Wassertopf, der durch eine Membran in zwei Hälften getrennt ist. Diese lässt Wassermoleküle passieren, die Löcher sind dabei so groß, dass genau ein Wassermolekül durchpasst. Wenn man in eine Hälfte Salz gibt, wird das System danach streben, den Salzgehalt im gesamten Topf auszugleichen. Könnten die Wassermoleküle, aber nicht die Salzmoleküle durch die Membran diffundieren, würde ein Druck entstehen, der rein theoretisch die Membran in die salzlose Seite ausbeulen würde. Wäre die Membran so gestaltet, dass auch Salzionen durchwandern könnten, würde der Salz- und Wasser-Ausgleich so lange von statten gehen, bis wieder ein Gleichgewicht herrscht. Auch umgekehrt ist es so: je mehr Salz auf der einen Seite, desto mehr Wasser muss auf die andere Seite diffundieren. [3]

Gärung

Milchsäurebakterien können Kohlenhydrate, also Zuckerbausteine, in Milchsäure umwandeln. Dabei wird Sauerstoff entzogen, den Mikroorganismen zum Wachsen benötigen. Mineralstoffe, Vitamine und Spurenelemente bleiben bei der Gärung dafür größtenteils vorhanden. Ebenso interessant: die Anwesenheit von Milchsäurebakterien erhöht die Bioverfügbarkeit von Eisen [1]. Weitere bESSERwisser Informationen zu diesem Thema finden Sie auch im Beitrag „Mikroorganismen in der Lebensmittelproduktion“.

Besonders häufig wendet man das Prinzip der Gärung übrigens bei Milchprodukten oder auch bei der Gemüse-Verarbeitung (Sauerkraut) an.

Trocknen

Eine weitere Methode, um Lebensmitteln Wasser zu entziehen, ist das Trocknen. Vor allem bei Früchten ist diese Methode beliebt. Man verwendet spezielle Dörrgeräte, auf denen man das Obst auf etwa 80 Grad Celsius durch umströmenden heiße Luft erwärmt. Zwar gehen hierbei Vitamine oft verloren, Ballaststoffe und Mineralstoffe bleiben jedoch erhalten. Genaueres dazu haben die bESSERwisser im Artikel: „Ist frisches Obst gesünder als Trockenfrüchte?“ zusammengefasst.

Räuchern

Würste, Speck oder Fisch: gerne werden diese Lebensmittel geräuchert. Dabei ist sowohl die durch den Rauch eintretende geschmackliche Veränderung als auch das Haltbarmachen der Nahrungsmittel erwünscht. Man unterscheidet Kalt- und Heißräuchern.

Beim Heißräuchern wird das Nahrungsmittel bei kurzen Rauchzeiten (1-4 Stunden) bei etwa 70-90 Grad Celsius über Holzspänen oder Ähnlichem gegart. Bei fettreichem Fisch ist dies besonders beliebt, da dadurch das Fett nicht ranzig wird. Der Konservierungsprozess wird durch die Denaturierung der Eiweiße, also durch eine molekulare Veränderung der Eiweißstruktur erzielt. Sie sind danach nicht mehr reaktiv.  Beim Kalträuchern werden Nahrungsmittel, die oft zusätzlich gesalzen sind, bei einer Temperatur von 12-28 Grad Celsius über ein paar Tage geräuchert. Auch hier werden die Proteinstrukturen im Nahrungsmittel langsam verändert. [3]

Heikel sind beim Räuchern die freigesetzten polyzyklischen Kohlenwasserstoffe. Mehr über die Wirkung der Produkte der Maillard Reaktion haben die bESSERwisser im Beitrag: „Braten, Backen, Karamellisieren – Chemie des guten Geschmacks“ zusammengefasst.

Pasteurisieren

Das Pasteurisieren ist ein Prozess, dem man nicht unbedingt im Haushalt vermuten würde. Dahinter versteckt sich jedoch lediglich das Erhitzen von Lebensmitteln unter 100 Grad Celsius. Dadurch werden diese ein paar Tage lang haltbar. Prominentes Beispiel aus der industriellen Lebensmittelverarbeitung ist hierbei die Milch. Jedoch kann man das Pasteurisieren zu Hause auch selbst anwenden, beispielweise für Fruchtsäfte: 20 Minuten lang auf 72 Grad Celsius erwärmen sollten den Saft keimfrei machen, je nach Frucht kann die Temperatur etwas variieren. [4]

Schon gewusst? Namensgeber der Pasteurreaktion ist Louis Pasteur. Seine Forschungsarbeiten zur Gärung brachten ihn auf diese Reaktion, da die Pasteurisierung nahezu alle pathogenen Keime abtöten kann.

Sterilisieren

Im Unterschied zur Pasteurisierung werden beim Sterilisieren auch die Sporen der Mikroorganismen abgetötet. Die Lebensmittel werden dazu etwa eine Stunde auf über 130 Grad erwärmt, bei etwa 132 Grad sollten alle Sporen von Mikroorganismen abgetötet sein. Konservendosen werden sterilisiert, sie sind auch noch nach Jahren genießbar. Im Gegensatz zu anderen, schonenderen Methoden, werden hier aber die meisten hitzeempfindlichen Nährstoffe zerstört. [1]

Mehr zum Thema Konserven finden sie im Beitrag „Lebensmittel aus Konservendosen: schädlich?“

Vakuumieren

Das Vakuumieren ist ein Vorgang, bei dem Nahrungsmittel durch einen mechanischen Prozess, Luft entzogen wird. Dazu werden Nahrungsmittel in eine spezielle Folie gegeben, und im Vakumiergerät Luft abgeleitet. Damit der luftleere Raum erhalten bleibt, wird die Folie anschließend verschweißt. Hier gilt zu beachten, dass, auch wenn die Mikroorganismenvermehrung gehemmt ist, diese nicht absterben und sich nach dem Öffnen der Folien potentiell wieder vermehren könnten. Eingesetzt wird die Methode gerne bei Fisch oder Fleisch, zusätzliche Kühlung erhöht den Effekt und man kann Nahrungsmittel bis zu 6 Wochen lagern [1].

Fazit

Ob Sie nun Ihre Nahrungsmittel verschieden stark erhitzen, die chemische Wirkung von Salz oder Zucker ausnutzen, oder die Produkte einfach vakuumieren: Wissen über chemische und physikalischen Vorgänge beim Konservieren hilft, Lebensmittel auch zuhause haltbar zu machen und damit einer Verschwendung dieser vorzubeugen.

Weiterer Lesetipp: Ist ihr Obst und Gemüse doch etwas zu sehr gereift? Wie sich Schimmel auswirkt und worauf man achten muss, haben die bESSERwisser im Beitrag „Schimmel: Wegschneiden oder Wegwerfen?“ zusammengefasst. Außerdem haben die bESSERwisser zum Thema Lebensmittelverschwendung recherchiert.

 

Quellen

[1] Geo Wissen Ernährung: Gesundes Essen, Ausgabe Nr.1, 2016  S.139

[2] qualitätssiegel.net: Sommerzeit- Einmachzeit, Abgerufen am: 02.08.2017

3] Vilgis Thomas, Die Molekül-Küche, Physik und Chemie des feinen Geschmacks,  Hirzel Verlag, 2013, 9. korr. Auflage, ISBN 978-3-7776-2330-6

[4] Livona.de: Pasteurisieren, Abgerufen am: 02.08.2017

 

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20.07.2017

bESSERwisser

Schimmel: Wegschneiden oder wegwerfen?

Schimmeliges Essen

Gerade im Sommer ist es kein unbekanntes Ärgernis: Von einem Tag auf den anderen bildet sich bei Früchten, Brot und Co. ein dünner weißer bis blaugrüner Mantel: Schimmel. Aber warum schimmeln Lebensmittel eigentlich? Und kann man eine betroffene Stelle einfach wegschneiden oder muss man das ganze Stück wegwerfen?

 

Warum schimmeln Lebensmittel?

Schimmelsporen selbst sind ubiquitär, das heißt, dass sie allgegenwärtig sind und überall vorkommen. Diese Sporen sind nur etwa 1-10 µm (Mikrometer) groß – zum Vergleich: ein menschliches Haar ist etwa 50 µm dick.  Wenn die Sporen des Schimmelpilzes auf organischem Material, etwa einem Lebensmittel, aufkommen, beginnen sie ihre Fäden kreisförmig auszubreiten. Dazu breiten sich kleine Zellfäden, sogenannte Hyphen, von dem Myzel, dem „Herz“ des Pilzes, aus. Einzelne Hyphen sind mit freiem Auge nicht erkennbar.
Wenn die Sporen des Pilzes über die Luft auf ein Lebensmittel kommen, bilden sich die Hyphen aus. Diese können ein Lebensmittel im Inneren durchziehen ohne für den Mensch sichtbar zu sein. Das menschliche Auge erkennt den Schimmel daher erst dann, wenn er einen Rasen über die Oberfläche des Lebensmittels gezogen hat. Ergo gilt: Auch wenn ein Produkt nur eine kleine schimmelige Stelle aufweist, kann es gänzlich vom Schimmelpilz-Geflecht durchzogen sein.

 

Schimmel: Harmlos oder gefährlich?

Schimmelpilze sind nicht immer gesundheitsschädigend. Über die Zeit wurden sie sogar für die Lebensmittelproduktion – etwa für Camembert oder Salami – kultiviert. Es gibt zwar harmlose Pilzarten, aber dennoch gibt es genügend, die starke gesundheitliche Risiken mit sich bringen. [1] Sowohl der klar sichtbare, als auch der unsichtbare Teil des Schimmels kann Mykotoxine enthalten. Diese wirken gesundheitsschädigend im menschlichen Organismus. [2]
Im Alltag lässt sich nicht feststellen, welche Schimmelart gefährlich ist. Beim Verzehr von schimmeligen Lebensmitteln gelangen die mitkonsumierten Toxine über die Verdauung ins Blut und damit in den Organismus.

Mykotoxin

Mykotoxine sind eine Gruppe von Pilzgiften. Sie sind natürlich entstehende Stoffwechselprodukte der Schimmelpilze. Mykotoxine können bei Mensch und Tier Vergiftungen herbeiführen. [3]
Mykotoxine sind hitze- und kältestabil. Die Wirkung der Toxine hängt von der Art ab. Kurzfristig kann die Einnahme zu einer – eher unwahrscheinlichen – Mykotoxin-Vergiftung führen. Die langfristigen Auswirkungen sind hierbei aber das Hauptproblem: In Versuchen zeigen sich Mykotoxine als krebserregend, zudem wirken sie erbgutschädigend und schwächen das Immunsystem. [4]
Während Vergiftungen durch Mykotoxine in früheren Zeiten eine häufige Krankheits- und Todesursache darstellten, sind sie heute aufgrund der hochwertigen Lebensmittelherstellung keine akute Bedrohung mehr für den Menschen.

 

Wegschneiden oder wegschmeißen?

Grundsätzlich gilt: Es kommt auf die Umstände an. Je nach Beschaffung des Lebensmittels kann entschieden werden, wie man auf den Schimmelbefall reagiert. Je flüssiger ein Lebensmittel ist, desto schneller breiten sich die Sporen und somit das Mykotoxin aus. Wenn das betroffene Produkt einen hohen Wassergehalt oder eine lockere Konsistenz hat (wie zum Beispiel Säfte, Saucen, Fleisch, Milchprodukte, Weichkäse oder wasserreiches Obst und Gemüse) sollte es sofort entsorgt werden. [5] Auch Brot und Nüsse sollten weggeworfen werden – Brot wird von den Hyphen schnell durchwandert und gerade auf Getreide und Nüssen siedeln sich besonders gerne Apergillus flavus-Pilze an, die das krebserregende Aflatoxin bilden.
Feste Lebensmittel jedoch – wie Hartkäse, Speck oder Karotten – können großflächig ausgeschnitten werden. Hierbei darf man aber nicht vergessen, dass man Schimmelsporen mit bloßem Auge nicht wahrnehmen kann und es daher nicht garantiert ist, dass man bei Verzehr eines vormals schimmelbefallenen, festen Lebensmittels keine Toxine zu sich nimmt.

Aflatoxin

Aflatoxin ist ein Mykotoxin. Aflatoxine kommen in einer Reihe verschiedener Pilzarten vor, allen voran dem Aspergillus flavus. In dessen Organismus wurde das erste Aflatoxin nachgewiesen. Der Pilz kommt auf bestimmten Obst- und Getreidesorten vor, deren pflanzeneigenes Immunsystem geschwächt ist. Das Toxin wirkt nicht nur beim Menschen, sondern auch bei Tieren giftig. Das Aflatoxin B1, das als das giftigste gilt, greift vor allem die Leber an.
Schon der Kontakt mit den Sporen der Aflatoxine kann (etwa in der Lebensmittelproduktion) zur Erhöhung des Krebsrisikos führen, weshalb gefährdete Produkte besonders stark überwacht und mit Grenzwerten versehen werden.

Aspergillose

Aspergillose bezeichnet eine Schimmelpilzinfektion durch verschiedene Aspergillus-Pilze. Diese sind nicht nur auf Lebensmitteln und auf anderen Organismen wie verrottenden Pflanzen oder Blumenerde zu finden, sondern auch im Wohnbereich hinter Tapeten, Möbeln oder Dämmstoffen. Menschen können durch Einatmen erkranken. Die Sporen setzen sich direkt an den Atemwegen fest und greifen von dort aus weitere Organe an. Diese Infektion  betrifft meist jene Personen, die aufgrund von Erkrankungen oder Medikamenten von vornherein ein geschwächtes Immunsystem aufweisen. Für durchwegs gesunde Menschen werden die Pilzsporen seltener zur Bedrohung. Da häufig Menschen mit schwachem Immunsystem und geringer Abwehr an Aspergillose leiden, ist der Krankheitsverlauf meist sehr beschwerlich und trotz Therapie oft tödlich. [6] [7]

 

Längere Haltbarkeit

Der Hauptgrund, warum Lebensmittel zu schimmeln beginnen, ist fast immer die falsche Lagerung: Feuchtes oder warmes Klima ist eine gute Voraussetzung für die Verbreitung von Schimmelpilzsporen. Außerdem brauchen sie Sauerstoff für das Wachstum, weswegen luftdicht verpackte Lebensmittel weniger leicht zu schimmeln beginnen. [8]
Eine Ausnahme bietet Käse mit arttypischem Schimmel, etwa Blauschimmelkäse. Aber auch diese Sorten sollten gut verwahrt werden, damit der Schimmel nicht auf andere Käsesorten übergehen kann.
Die Schimmelvermeidung fängt bereits beim Einkauf an: Im Laden sollte die Verpackung nicht beschädigt sein und das Lebensmittel sollte unauffällig aussehen. Schnell verderbliche Lebensmittel wie Fleisch, Fisch oder Milchprodukte sollten nach dem Kauf rasch nach Hause gebracht werden. Obst und Gemüse sollten zuhause schnell aus der Folie ausgepackt werden, damit sich in der Verpackung kein Kondenswasser bilden kann, das die Keim- und Schimmelbildung anregt. [2]
Und bei einigen Lebensmitteln lohnt es sich, sie getrennt von anderen zu lagern: Schimmelkäse bringt anderen Käse eher zum Schimmeln. So ist es auch mit Äpfeln – sie setzen Ethylen frei, was andere Obstsorten schneller reifen lässt.

 

Fazit

Im Zweifelsfall sollte das betroffene Lebensmittel entsorgt werden, vor allem Brot, Getreide und Flüssiges. Vorsicht ist auch hier besser als Nachsicht: Maßnahmen zur Schimmelvermeidung können schon vor oder beim Einkauf getroffen werden, um der Lebensmittelverschwendung durch Schimmelpilze Einhalt zu gebieten.

 

Quellen

[1] M.J. Mendell, A.G.Mirer, K. Cheung, et al.: Respiratory and Allergic Health Effects of Dampness, Mold, and Dampness-Related Agents: A Review of the Epidemiologic Evidence. Environmental Health Perspectives. 2011;119(6):748-756. doi:10.1289/ehp.1002410.

[2] United States Department of Agriculture Food Safety and Inspection Service: “Molds on Food: Are They Dangerous?”. Abgerufen am 19.07.2017

[3] ages.at/, “Mykotoxine”. Abgerufen am 19.07.2017

[4] Bundesgesundheitsblatt: „Mykotoxine in Lebensmitteln“. Abgerufen am 19.07.2017

[5] derstandard.at, „Schimmel, Bakterien und Co: Wann sind verdorbene Lebensmittel giftig?“. Abgerufen am 19.07.2017

[6] T.J. Walsh, E.J. Anaissie, D.W. Denning et al.: Treatment of Aspergillosis: Clinical Practice Guidelines of the Infectious Diseases Society of America. Clin Infect Dis 2008; 46 (3): 327-360. doi: 10.1086/525258

[7] S.-J. Lin, J. Schranz, S. M. Teutsch; Aspergillosis Case-Fatality Rate: Systematic Review of the Literature. Clin Infect Dis 2001; 32 (3): 358-366. doi: 10.1086/318483

[8] ages.at, “Haltbarkeit”. Abgerufen am 19.07.2017

 

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18.08.2016

bESSERwisser

Suppen von „Suppito“: Haltbar ohne Konservierungsstoffe

Suppito Produkte im Kühlregal

Es gibt viele Ernährungstrends. Manche kommen, manche gehen. Und einige bleiben. So war es vor längerer Zeit die asiatische Küche mit ihren vielseitigen Curries, die in Österreich Fuß fasste. Wenig später kam der Boom der Juice Bars, der sich auch halten konnte. Seit einigen Jahren ist auch das Suppenessen bei uns wieder in Mode gekommen. Mitverantwortlich dafür ist in Wien sicherlich auch Andrea Scholdan, die mit Suppito im Jahr 2007 die erste Wiener Suppenmanufaktur im sechsten Bezirk eröffnete. Die bESSERwisser haben Andrea Scholdan im Suppito getroffen und sie zu ihrem gewagten Jobwechsel, ihren Produkten und ihrer Konservierungsmethode befragt. Hier ein kurzer Bericht darüber.

Koch im Suppito

Bild: Open Science – Lebenswissenschaften im Dialog, CC BY-NC-SA

Aroma-Feuerwerk und gute Stimmung

Beim Betreten des kleinen Gassenlokals ist gleich einmal eines im wahrsten Sinne des Wortes „atemberaubend“: der betörende Duft. Zuerst sind die verschiedenen Nuancen noch schwierig einzuordnen, aber nach und nach lässt sich zumindest eine Curry-Mischung aus der Vielfalt der Duftaromen erkennen. Am großen Herd stehen zwei Köche, die gut gelaunt nebeneinander Gemüse schneiden. Es wird gerade Tom Ka Gai, eine thailändische Hühner-Kokossuppe, zubereitet. Die Stimmung ist gut, alles wirkt sehr entspannt. Eine Mitarbeiterin schwirrt herum, und schon ist auch Frau Scholdan da und begrüßt uns herzlich. Unser erster Eindruck ist positiv: eine Frau, die nur so vor Energie sprüht, mit ihren MitarbeiterInnen scherzt und gerne lacht. Wir nehmen im Suppito Platz und plaudern mit Frau Scholdan.

Suppe, Sugos und Süßes vom Feinsten

40.000 Liter Suppe und Eintöpfe pro Jahr kocht Andrea Scholdan mit ihren Köchen. Sie bietet Suppen, Sugos und Süßes zum Abholen oder mit Lieferservice an. „Für all jene, die selbst keine Zeit zum Kochen haben“, wie sie sagt. Alle Gerichte werden nach der 5-Elemente- Lehre mit heimischen und überwiegend biologischen Zutaten zubereitet, sind laktose- und glutenfrei und enthalten keine Konservierungsstoffe. Der Erfolg gibt der Medizinerin, die ihre Berufung zum Kochen erst in der zweiten Lebenshälfte entdeckt hat, recht: Die Manufaktur gibt es seit fast 10 Jahren und erfreut sich großer Beliebtheit.

Gewürzregal im Suppito

Bild: Open Science – Lebenswissenschaften im Dialog, CC BY-NC-SA

Zum Kochen im großen Stil gelangte Scholdan über Umwege. Ursprünglich hatte sie Medizin studiert und war als Fachärztin für Urologin tätig. Bis zu dem Zeitpunkt, als starke Magen-Darm-Probleme sie zum Umdenken zwangen. Sie setzte sich verstärkt mit der 5-Elemente-Ernährungslehre der Traditionellen Chinesischen Medizin auseinander, denn „so konnte es einfach nicht weitergehen“. Die darauf folgende Ernährungsumstellung, bei der warm gekochte Speisen die zentrale Rolle spielen, brachte rasch Genesung. Andrea Scholdan war dadurch so begeistert, dass sie die Medizin an den Nagel hing und sich zur 5 Elemente-Ernährungsberaterin ausbilden ließ. Dadurch motiviert, begann sie Freunde und Familie nach dieser Lehre zu bekochen. Weitere Erfahrung sammelte sie in den Küchen der Starköchinnen Lisl Wagner-Bacher und Kim Sohyi, bevor sie sich im Jahr 2007 mit einer Freundin selbständig machte und das „Suppito“ eröffnete.

Suppito Verkaufsraum

Bild: Open Science – Lebenswissenschaften im Dialog, CC BY-NC-SA

Kochen nach der 5-Elemente-Lehre

Bei dieser Ernährungsform spielen die 5 Elemente der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) eine wichtige Rolle. Diese stehen für verschiedene Geschmäcker:  Holzelement (sauer), Feuerelement (bitter), Erdelement (süß), Metallelement (scharf) und Wasserelement (salzig). Jedes Nahrungsmittel hat bestimmte geschmackliche, thermische und energetische Eigenschaften, die für bestimmte  Organe im Körper wichtig sind und einem der fünf Elemente zugeordnet werden. Entsprechend der Jahreszeit und körperlichen Verfassung sollte man täglich Speisen aus allen 5 Elementen zu sich nehmen. Um alle Elemente abzudecken, kommen in die Suppen von „Suppito“ oft Ingwer, Algen, Zitronenschale und -saft mit hinein. Auch Yin und Yang spielen eine wichtige Rolle denn durch die richtige Auswahl der Zutaten können Hitze oder Kälte im Körper ausgeglichen werden. Auch die richtige Kombination an belebenden oder beruhigenden Zutaten kann Gesundheit und Wohlbefinden fördern.

Die Grundprodukte sollten möglichst frisch, regional und saisonal sein. Generell sollte möglichst alles gekocht werden und Rohkost nur in der warmen Jahreszeit  und in kleinen Mengen gegessen werden. Viele Gewürze und frische Kräuter werden verwendet, Tiefkühlkost, Mikrowelle und industriell behandelte Lebensmittel jedoch vermieden. Und: „Es ist wichtig, mit Ruhe und Liebe zu kochen und mit Genuss zu essen“, so Scholdan.

Für die bessere Bekömmlichkeit sollte man zum Beispiel Folgendes beachten: Getreide und Hülsenfrüchte immer waschen und in kaltem Wasser einweichen. Hülsenfrüchte immer ohne Deckel kochen, den Schaum abschöpfen. Das Kochwasser immer weggießen. Reis wird in einem Topf so lange gewaschen, bis er nicht mehr schäumt.

Suppito Gläser im Wasserbad

Gläser im Wasserbad, Bild: Open Science – Lebenswissenschaften im Dialog, CC BY-NC-SA

Was für uns überraschend war: Die gute alte Hühnersuppe, bei uns die Wunderwaffe gegen grippale Infekte und Verkühlungen, ist in der Traditionellen Chinesischen Medizin während dieser Krankheit verpönt. Dort heißt es nämlich, dass diese Kraftsuppe auch Bakterien und Viren stärkt, weshalb sie im Krankheitsfall nicht empfohlen wird. Perfekt ist sie als Vorbeugung oder nach der Krankheit als Kräftigungsmittel.

Konservieren ohne Chemie

Die Haltbarkeit der Suppen und Gerichte von Suppito beträgt 4 Wochen bei basischen Gerichten. Pikantes und Saures ist sogar bis zu 15 Wochen und länger haltbar. Und all das ohne jeglichen Zusatz von chemischen Konservierungsstoffen. Die Suppen und Sugos werden kochend heiß in saubere Schraubgläser abgefüllt, mit Deckel verschlossen und rasch im kalten Wasserbad abgekühlt.  Anschließend kommen die Gläser sofort in den Kühlschrank.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Es gibt physikalische, thermische, chemische und biologische Konservierungsverfahren, die alle verhindern oder verzögern sollen, dass Lebensmittel verderben.

  • Zu den physikalischen Methoden zählen salzen, trocknen, zuckern, tiefkühlen, kühlen, vakuumieren, Druckbehandlung und mechanisches Entfernen vom Mikroorganismen.
  • Thermisch kann man Lebensmittel durch Kochen (Inaktivieren produkteigener Enzyme), Pasteurisieren (Abtöten von Keimen, aber nicht von Sporen bei 70°C bis 100°C) und Sterilisieren (Abtöten von Keimen und Sporen bei über 100°C) haltbar machen.
  • Bei der chemischen Konservierung kommen chemische Konservierungsstoffe zum Einsatz, die als Zusatz in der Nahrung Mikroorganismen abtöten oder deren Wachstum verhindern.
  • Biologisches Konservieren macht sich erwünschte Mikroorganismen zunutze (Milchsäuregärung, alkoholische Gärung). Durch deren Wachstum wird die Ausbreitung anderer, unerwünschter Mikroorganismen verhindert.

Wenn Lebensmittel verderben, ist dies auf die Wirkung von Mikroorganismen – Bakterien und Pilzen – zurückzuführen. Diese zersetzen Lebensmittel oft bis zur Ungenießbarkeit. Bei falscher Herstellung oder Lagerung können sich teilweise Keime in Lebensmitteln vermehren, die für Mensch und Tier gefährlich sind. Folgende Mikroorganismen stellen ein Gesundheitsrisiko für Verbraucher – vor allem für kleine Kinder und ältere Menschen – dar und sind als Ursache lebensmittelbedingter Erkrankungen bekannt: Salmonellen, Campylobacter, EHEC (krankheitsauslösende Stämme des Darmbakteriums E.Coli), Staphylokokken, Listerien, Clostridien, Shigellen und Schimmelpilze.

Es gibt aber auch Mikroorganismen, die bei der Lebensmittelproduktion bewusst zum Einsatz kommen und die die Gesundheit nicht schädigen. So werden beispielsweise Milchsäurebakterien zur Herstellung von Joghurt und Hefe Teig sowie bestimmte Schimmelpilze zur Erzeugung von Schimmelkäse verwendet.

Referenz

Tschäpe H.: Lebensmittelbedingte Infektionskrankheiten durch Bakterien (2000). Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz: 43:758–769

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06.07.2016

bESSERwisser

Lebensmittel im Müll: Wegwerfen vermeiden

Weltweit landen jährlich 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel im Müll. Wieso wird heute so viel Essen weggeworfen, und was kann man dagegen tun? Die bESSERwisser haben dazu recherchiert und auch nachgeforscht, was es mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum auf sich hat.

Zahlen und Fakten zu Lebensmittelabfällen

Jeder hat sich sicher schon einmal selbst bei der Verschwendung von Nahrungsmitteln ertappt, schlechtes Gewissen inklusive: Schnell wird ein Joghurt im Müll entsorgt, das abgelaufen ist, ohne vorher auch nur hineinzuschauen. Oder der Speiseplan hat sich geändert, und das zuvor gekaufte und eigentlich zum Kochen schon eingeplante Obst und Gemüse ist verdorben und wird weggeworfen. Ist ja alles nicht so schlimm, oder? Jeder wirft schließlich Essen weg. Jeden Tag. Ein bisschen. Oder manchmal auch mehr. Weiter nicht schlimm. Oder?

Weltweit werden jedes Jahr 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel weggeworfen – das bedeutet, etwa ein Drittel aller weltweit produzierten Lebensmittel wird nicht verzehrt und muss entsorgt werden [1].

EU-weit landen jedes Jahr stolze 89 Millionen Tonnen Essen pro Jahr im Müll. Dabei entfallen auf jede Person im Durchschnitt 179 Kilogramm, was in etwa einem Viertel der tatsächlich konsumierten Lebensmittel entspricht [2]. Und das, obwohl ein Großteil des Weggeworfenen noch ohne weiteres genießbar wäre. Bezieht man die gesamte Wertschöpfungskette – von Anbau, Ernte, Lagerung, Weiterverarbeitung, Produktion und Anlieferung bis zum Endverbraucher – in die Berechnungen mit ein, sind die Daten noch erschreckender: In Europa wird der jährliche pro Kopf Verlust hier auf 280 bis 300 Kilogramm geschätzt [1]. Und obwohl Menschen in Afrika und im südlichen Asien kaum etwas wegwerfen, gibt es auch dort dort große Lebensmittelverluste von über 40 %. Gründe dafür sind in diesen Regionen allerdings vor allem falsche Lagerung der Lebensmittel nach der Ernte sowie Fehler bei der Verpackung und bei der Kühlung.

„Die Lebensmittel, die wir in Europa und Nordamerika wegwerfen, würden ausreichen, um die Hungernden der Welt dreimal zu ernähren.“

Aus dem Kinofilm Taste the waste von Valentin Thurn.

In Österreich landen pro Jahr 760.000 Tonnen Lebensmittel im Müll – dabei sind die Abfälle aus der Landwirtschaft, der Lebensmittelproduktion und des Großhandels noch gar nicht mit einberechnet. Das wirklich beschämende daran: Etwa die Hälfte des Abfalls wäre durchaus vermeidbar [3].

„In Wien wird täglich jene Menge an Brot als Retourware vernichtet, mit der die zweitgrößte Stadt Österreichs, das ist Graz, versorgt werden kann.“

Aus dem Kinofilm We feed the world von Erwin Wagenhofer.

Gründe für Essen im Müll

In Österreich gehen schätzungsweise ein Viertel der Obst- und Gemüseernte bereits in der Landwirtschaft verloren [3]. Viele Lebensmittel werden hier von vornherein aussortiert und verrotten schon in den Anbaugebieten, da Form und Aussehen nicht der Norm entsprechen. Auch bei der Produktion, im Einzelhandel und in der Gastronomie fällt Lebensmittel-Müll an. Seitens der Konsumenten und Konsumentinnen führen fehlende Einkaufsplanung und falsche Lagerung dazu, dass viel zu viel Essen weggeworfen wird. Auch die übertriebene Vorsicht der Konsumenten beim Haltbarkeitsdatum trägt dazu bei: Oft finden sich im Müll der Haushalte noch ungeöffnete Lebensmittel in Originalverpackung.

Was tun gegen Essensverschwendung

Jede/r von uns kann einen kleinen Beitrag dazu leisten, die Verschwendung von wertvollen Lebensmitteln so gering wie möglich zu halten. Oft sind es nur Kleinigkeiten, die nicht einmal mehr Aufwand bedeuten, die aber effizient sind – und so ganz nebenbei auch das Geldbörserl schonen.

  • Einkaufsliste erstellen. Vor dem Einkauf den Kühlschrank auf Vorräte checken, eine Einkaufsliste schreiben und gezielt einkaufen. Ein kleiner Tipp: Wenn möglich, nicht hungrig einkaufen gehen, denn dann wird meistens mehr gekauft  als geplant.
  • Auch Obst und Gemüse kaufen, das nicht der Norm entspricht. Zum Glück gibt es schon Initiativen gegen den Schönheitswahn bei Obst und Gemüse. So können im Österreichischen Handel beispielsweise seit 2013 Obst- und Gemüse- „Wunderlinge“ von REWE zu sehr günstigen Preisen erstanden werden – die Form beeinflusst ja in keinster Weise den Geschmack dieser Produkte. Auch eine zweibeinige Karotte kann durchaus dem Gaumen erfreuen.
  • Kleine Packungen und Mengen kaufen, die auch aufgegessen werden können.
  • Lebensmittel richtig lagern.
  • Lebensmittel einfrieren, bevor sie schlecht werden.
  • Food-Coops nutzen. Lebensmittelkooperativen – sogenannte Food Cooperatives – sind Zusammenschlüsse von Personen und Haushalten, die selbstorganisiert biologische Produkte direkt vom Produzenten beziehen. Aufbewahrt werden diese dann in einem gemeinsamen Lagerraum. So kommt Essen auf den Teller, das bio, fair und nachhaltig ist, und es können kleine Mengen bestellt werden.
  • Das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) nicht überbewerten und Lebensmittel auf tatsächlichen Verderb prüfen, bevor sie im Müll landen. Das MHD ist nur eine Art Garantieerklärung der Hersteller und sollte nicht als Verfallsdatum interpretiert werden. Bei Überschreiten muss das Produkt nicht entsorgt werden, es ist oft noch lange darüber hinaus genießbar.

Kleines Experiment zum Mindesthaltbarkeitsdatum

Die bESSERwisser haben getestet, wie genau man es mit dem MHD – oft fälschlicherweise auch als „Ablaufdatum“ bezeichnet – wirklich nehmen muss und einen kleinen Versuch gestartet. 9 Naturjoghurts wurden gekauft, unter gleichen Bedingungen transportiert und aufbewahrt.  Nach Ablauf des MHD – angegeben wurde der 9. Mai 2016 – wurde wöchentlich je ein Joghurt geöffnet und getestet, und das bis 7 Wochen nach dem „Ablaufen“. Bewertet wurden Aussehen, Geruch  und Geschmack.

Fazit des Eigenversuchs: Aussehen und Geruch des Joghurts veränderten sich im Lauf der 7 Wochen nicht. Im Testzeitraum gab es keine Schimmelbildung oder Ähnliches. Auch geschmacklich konnte das Joghurt selbst 7 Wochen nach Überschreiten des MHD noch voll überzeugen. Ab der Woche sieben wurde nur ein leicht sahnigerer Geschmack als zu Beginn wahrgenommen, der aber nicht als unangenehm eingestuft wurde.

Ablauf des MHD: was kann noch gegessen werden, was nicht

Viele Produkte sind auch lange nach dem MHD noch problemlos zu genießen. Zeigen sich jedoch Schimmelspuren, kann es problematisch werden.

Schimmel

Manche Schimmelpilzarten produzieren bei ihrem Wachstum giftige Stoffwechselprodukte, die Mykotoxine. Schimmelpilze der Gattung Aspergillus bilden sogenannte Aflatoxine, die für Mensch und Tier äußerst gefährlich sind. In hoher Dosis können sie Leberschäden hervorrufen, und die wiederholte Aufnahme geringer Mengen gilt als höchst krebserregend [4]. Aflatoxine sind auch in den Sporen der Schimmelpilze enthalten, die für das Auge nicht sichtbar sind, und können so auch unbemerkt Lebensmittel vergiften. Sie sind sehr stabil und können durch Kochen, Braten, Backen, Trocknen oder Einfrieren nicht zerstört werden. Lebensmittel sollten deshalb auch schon bei geringem Schimmelbefall entsorgt werden, da sich giftige Stoffwechselprodukte schon im Lebensmittelinneren befinden können. Das gilt beispielsweise für schimmeliges Brot, Getreide, Müsli und Milchprodukte wie Käse, Joghurt oder Topfen sowie für Wasserhaltige Lebensmittel wie Kompott, Saft, Suppe, Saucen, Obst, Gemüse oder Marmelade. Diese Lebensmittel  sollten alle bei Schimmelbildung zur Gänze entsorgt werden, da sich die Schimmelpilzgifte auch unsichtbar ausbreiten können. Die Empfehlungen gehen bei Hartkäse oder Parmesan auseinander: sind manche hier der Meinung, dass man die vom Schimmel befallenen Stellen großzügig wegschneiden kann, raten manche Expertinnen auch hier zur vollständigen Entsorgung.

Keime

Fisch und Fleisch sollten nach dem Verbrauchsdatum unbedingt entsorgt werden, da hier die Gefahr erhöhter Keimbelastung besteht. So können vor allem Faschiertes und Hühnerfleisch mit Salmonellen kontaminiert sein. Auch das Bakterium Clostridium botulinum kann sich auf Fleischwaren ansiedeln und schwere Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Es produziert das extrem gefährliche Toxin Botulinustoxin, das stärkste bekannte Bakterientoxin. Für den Menschen sind bereits weniger als ein Milligramm davon tödlich [5]. Clostridium bzw. seine Sporen sind äußerst widerstandsfähig gegen Hitze, Frost und Austrocknen. Auch der Inhalt von Konservendosen, deren Deckel sich nach außen wölbt, muß deshalb unbedingt entsorgt werden, da die Ursache dafür oft Clostridien sind.

 

Referenzen

[1] Gustavsson J., Cederberg C. and Sonesson U. et al.: Global food losses and food waste – extent, causes and prevention (2011),Food and Agriculture Organization of the United Nations

[2] Preparatory study on food waste across EU 27 (2010), Europäische Kommission

[3] Pladerer C., Bernhofer G., Kalleitner-Huber M.  und Hietler P.: Lagebericht. Lebensmittelabfälle & -Verluste in Österreich (2016), WWF Österreich & MUTTER ERDE

[4] Frisvad JC, Thrane U., Samson RA and Pitt JI: Important mycotoxins and the fungi which produce them (2006), Adv. Exp. Med. Biol. 571, p. 3–31

[5] Peck MW: Biology and Genomic Analysis of Clostridium botulinum (2009). Advances in Microbial Physiology, Vol 55, p. 183–265, 320

 

Weiterführende Links

https://www.wien.gv.at/umweltschutz/abfall/lebensmittel/

http://www.umweltberatung.at/themen-essen-lebensmittelabfaelle

 

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