Insekten essen – ein Erfahrungsbericht

Open Science - Lebenswissenschaften im Dialog (cc/by-nc-sa 4.0)

Insekten essen wird in unseren Breitengraden immer noch als Mutprobe angesehen. Damit stehen wir vergleichsweise alleine da: Weltweit nehmen etwa 2 Milliarden Menschen jeden Tag Insekten zu sich, und in etwa 80% aller Länder liegen sie regelmäßig auf dem Teller.[1]

Diese Ernährungsweise hat einige nicht zu übersehende Vorteile: Im Vergleich zur herkömmlichen Fleischproduktion ist der ökologische Einfluss verschwindend gering, und die Haltung der Tiere ist platzsparender und humaner. Vielerorts ist man deshalb überzeugt, dass die proteinreichen Insekten die Ernährung der Zukunft prägen werden. [2]

Insekten auf dem Speiseplan

Dieser Meinung ist auch Christoph Thomann, der Gründer des Vereins Speiseplan . Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Bewusstsein für die alternative Diät in der österreichischen Bevölkerung zu steigern. Dazu veranstaltet er Kochkurse, ist auf Veranstaltungen mit Insektenburgern und Co. vertreten und hält Vorträge.

Die bESSERwisser hatten die Möglichkeit, an einer Insektenverkostung von Speiseplan teilzunehmen. Diese fand im wunderschönen Ambiente des Botanischen Gartens der Universität Wien statt und wurde von den Alumni der Biologie organisiert. Eröffnet wurde die Veranstaltung mit einer Lesung der Essays von Prof. Karl Burian, danach wurde zur Insektenverköstigung geladen – hier ein Erfahrungsbericht.

Insekten essen

Die Atmosphäre ist angenehm und locker, und die Räumlichkeiten bestechen durch kreative Details. Eine  Spur von großen Plastikameisen zieht sich durch den Raum, und bunte Kunstspinnen sind, versteckt zwischen den Mineralwasserflaschen, am Getränketisch zu finden. Die Teilnehmer wirken durchwegs gespannt und voller Vorfreude, und die meisten Gespräche im Raum drehen sich um die bevorstehende Vorstellung der Kerbtiere.

Bevor für den zweiten Programmpunkt das vorbereitete Buffet eröffnet wird, erzählt Thomann ein wenig über seine Arbeit. Dann beantwortet er die meistgestellten Fragen, etwa wie die Tiere gehalten werden oder wie die Zubereitung funktioniert. Nach einer ausgiebigen Fragenrunde beginnt schließlich die Präsentation der ersten Speisen.

Anfängliche Skepsis

Angebratene Insekten zum Essen und Kaufen

Bild: Open Science – Lebenswissenschaften im Dialog (cc/by-nc-sa)

Die neugierigen Anwesenden drängen sich um den langen Tisch, wo die Kostproben aufgereiht werden. Als Einstieg werden dünne Baguette-Scheiben mit Pesto in den Varianten Kürbiskern-Heimchen und Petersilie-Mehlwurm probiert– die Insekten wurden hierfür völlig zermahlen und können im Endprodukt nicht mehr erkannt werden. Nach kurzer Zeit werden gesalzene und geröstete Grillen durch die Runde gereicht, die von ersten Mutigen zögerlich angebissen werden. Nach den ersten positiven Bemerkungen und Ausrufen scheint das Eis gebrochen zu sein – jeder will den Snack probieren. Das Gedränge um den Tisch wird größer, und langsam wendet sich das Interesse zu den aufgestellten, angebratenen Insekten – Wanderheuschrecken, Heimchen, sowie Mehl- und Buffalo-Würmern. Mit kleinen Löffeln schaufeln die Verkoster diese auf ihre Handinnenflächen, nehmen einzelne Mehlwürmer zwischen die Finger und probieren sie. „Das würde ich als Snack im Kino essen.“, hört man. „Ich auch. Anstatt von Popcorn.“, kommt es als Antwort zurück.

Mutigere Verkoster

Marinierte Wüstenheuschrecke und Grille auf einem Zahnstocher aufgetürmt

Open Science – Lebenswissenschaften im Dialog (cc/by-nc-sa)

Dann werden frisch angebratene Wüstenheuschrecken und Grillen in Honig-Bier-Sirup, aufgetürmt auf Zahnstochern, verkostet. Die begeisterten Teilnehmer zeigen sich plötzlich wieder zögerlicher – man sieht die Insekten  vollständig, inklusive Flügeln, Fühlern und Beinen. Hier bietet sich ein homogenes Bild: Die Insekten werden zuerst aus allen Winkeln fotografiert, und erst nach dem Knipsen eines Social-Media-tauglichen Fotos erstmals angebissen. „Das schmeckt … lecker.“, fasste der erste Verkoster die Erfahrung zusammen. Die anfängliche Unsicherheit wird auch hier schnell zur Überzeugung.

Als kleiner Nachtisch liegen süße Müsliriegel mit Heimchenmehl bereit, in denen die Kerbtiere kaum schmeckbar sind. Vor dem Gehen gibt es noch einen Nachschub an frischem Baguette mit Pesto. Auch ein Flyer über die Kochkurse und Events von Speiseplan wird eingesteckt – vor allem die Insekten-Burger wären jetzt sehr interessant…

Das Fazit der bESSERwisser: Die Hemmschwelle, Insekten zu essen, ist durch die Verkostung merkbar gesunken. Die völlige Überzeugung, dass wir die Kerbtiere in unserem kulinarischen Alltag begrüßen werden, fehlt jedoch – aber wer weiß, wie sich das nach dem Probieren der Burger anhört…

Vielen Dank an Speiseplan, Zoobot und die Biologie Alumni für den gelungenen und lehrreichen Abend!

 

Mehr zum Thema „Essen der Zukunft: Insekten und Algen?“ finden Sie hier.

Referenzen

[1] Van Huis A., Van Itterbeeck J., Klunder H. et al: Edible insect. Future prospects for food and feed security (2013). Food and Agriculture Organization of the United Nations.
[2] Cicatiello C., De Rosa B., Franco S. and Lacetera N.: Consumer approach to insects as food: barriers and potential for consumption in Italy (2016). British Food Journal, Vol. 118 Iss:9, pp.2271 – 2286

 

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