Schmecken mit allen fünf Sinnen

Schmecken Schokotörtchen auf Teller mit Noten

Bild: Pixabay, CCO

Bei der Nahrungsaufnahme sind alle unsere fünf Sinne gefordert. Wir sehen, schmecken, riechen, fühlen und hören unser Essen, um es richtig wahrnehmen zu können. Die bESSERwisser haben recherchiert, wie Schmecken genau funktioniert und wie unsere Geschmackswahrnehmung zustande kommt. Wie kann Hintergrundmusik unseren Essgenuss beeinflussen? Und wie wirken sich Farben auf unser Essverhalten aus? Diese und andere Fragen werden im folgenden Artikel beantwortet.

Essen – eine Vielzahl von Eindrücken

Essen und Trinken sind, wenn man es genauer betrachtet, sehr komplexe Angelegenheiten. Alle unsere fünf Sinne sind daran beteiligt: Augen, Nase, Zunge und Finger überprüfen das Aussehen, den Geruch, den Geschmack und die Konsistenz der Nahrungsmittel, die wir zu uns nehmen. Erst wenn im Gehirn alle Sinneseindrücke verknüpft werden, entsteht die eigentliche Geschmackswahrnehmung. Noch bevor das Essen unseren Mund passiert, verarbeitet unser Gehirn die Vielzahl an Sinneseindrücken, und bestimmte Erwartungen werden geweckt. Ein roter Apfel, eine weiche Avocado, der Geruch von frisch gebackenem Brot, das Rascheln von Chips – all das sind Reize, die unser Gehirn schon vor dem Beißen und Kauen bekommt und bestimmte Dinge damit assoziiert. Scheint mit den Lebensmitteln alles in Ordnung zu sein und ist der Gesamteindruck positiv, wird der Appetit angeregt. Das Wasser läuft einem sprichwörtlich im Munde zusammen, die Speichel- und Magensaftproduktion werden angekurbelt. Stimmt allerdings etwas nicht mit der Farbe, dem Geruch oder der Konsistenz, ist dies schon vorab ein Warnsignal für den Körper. Dies war vor allem in Zeiten vor Kühlketten und Mindesthaltbarkeitsdaten wichtig und teilweise sogar lebensnotwendig – die Vielzahl der Sinneseindrücke konnte vor dem Verzehr von Verdorbenem oder Giftigem schützen.

Sehen

„Das Auge isst mit“ ist eine alte und oft zitierte Weisheit, die viele kennen. Und tatsächlich ist es so: die Farbe ist mit entscheidend dafür, wie ein Lebensmittel von unserem Gehirn eingestuft wird. So weckt etwa ein schöner roter Apfel andere Erwartungen als ein blassgelber schrumpeliger. Farbenfrohe Kombinationen am Teller regen den Appetit eher an als blasse Farben. Aber nicht alle Farbvariationen begeistern die Esser – Kartoffelpüree aus violetten Kartoffeln beispielsweise ist durchaus gewöhnungsbedürftig. Dies hat den einfachen Grund, dass manche Farben in der Natur gar nicht oder nur selten vorkommen und deshalb nicht mit Genießbarkeit assoziiert werden.

Nicht nur die Farbe der Lebensmittel selbst spielt eine Rolle, auch die Farbe des Tellers, der Tischdekoration, der Umgebung und die Beleuchtung können die Wahrnehmung beeinflussen. So konnte eine Studie zeigen, dass rotes Geschirr den Appetit verringert [1]. Ein rotes Tablett ist somit die schlechteste Farbe für Teller oder Tablett, wenn Menschen – wie zum Beispiel im Krankenhaus – mehr essen sollten. Zum Abnehmen könnte es wiederum hilfreich sein, dass Rot den Appetit zügelt. Wie sehr Farbe bestimmte Erwartungen beim Essen hervorrufen kann, konnte bereits eindrücklich in verschiedensten Experimenten gezeigt werden. Wurde Testpersonen beispielsweise Naturjoghurt einmal ohne Farbstoff und einmal in rot eingefärbt vorgesetzt, so wurden dem roten Joghurt verschiedenste Geschmäcker – von Kirsche bis Erdbeere – zugeordnet. In einer anderen Versuchsanordnung wurde Weinkennern ein rot eingefärbter Weißwein zur Verkostung gereicht, und keiner der Experten erkannte die Täuschung. Die Lebensmittelindustrie macht sich dies zunutze und setzt deshalb teilweise Farbstoffe bei Lebensmitteln ein, um den Konsumenten einen bestimmten oder stärkeren Geschmack zu suggerieren. Auch mit dem Licht kann gespielt werden: die richtige Beleuchtung – etwa bei der Fleischtheke – kann die Farbwahrnehmung und somit das Kaufverhalten der Konsumenten  beeinflussen.

Fühlen

Schon bei der Nahrungsauswahl im Supermarkt spielt unser Tastsinn eine zentrale Rolle. Wer hat nicht schon einmal mit den Fingern überprüft, ob die Mango schon weich ist oder das Baguette noch nicht hart. Diese Sinneseindrücke vermitteln wichtige Informationen zu Reife, Frische und Qualität von Obst oder Gemüse. Auch im Mund „erfühlen“ wir unser Essen: beim Beißen und Kauen nehmen wir vor allem mit der Zunge wahr, welche Textur die Nahrung hat – cremig, weich oder hart etwa – und ob die Speise kalt, warm oder lauwarm serviert wurde.

Riechen

Auch der Geruchssinn ist entscheidend für unsere Geschmackswahrnehmung. Der Geruch verrät uns schon vor dem Verzehr sehr viel über eine Speise und trägt entscheidend dazu bei, ob wir sie als appetitlich oder unappetitlich einstufen. Durch Riechen kann beispielsweise verdorbenes Essen als solches erkannt werden, aber auch unser Lieblingsessen können wir erschnüffeln und uns schon vor dem Essen darauf freuen.

Wir riechen Duftstoffe nicht nur durch Einatmen aus der Umgebungsluft (orthonasales Riechen). Auch beim Kauen von Lebensmitteln entstehen im Mund flüchtige Aromastoffe, die von der Mundhöhle über den Rachenraum zu den Rezeptoren im Nasenraum gelangen (retronasales Riechen). Insgesamt besitzen wir genaugenommen vier Nasenlöcher: die zwei äußeren, allgemein bekannten Nasenlöcher, und zwei innere Nasenlöcher, die Rachen und Nase verbinden. Insgesamt kann der Mensch über eine Billion Gerüche unterscheiden [2]. Riechen ist auch eng mit Emotionen verbunden: Der Informationsweg beim Wahrnehmen eines Geruchs führt ins Limbische System unseres Gehirns, wo die ankommende Duftinformation ein Gefühl verursacht. Gerüche werden vom Gehirn gespeichert und können so später auch mit guten oder mit schlechten Erinnerungen assoziiert werden.

Wie wichtig der Geruchssinn für unser Geschmackserlebnis ist, wird oft bei Schnupfen klar: riecht man nichts, dann schmecken Speisen und Getränke fade, und oft vergeht einem der Appetit.

Hören

Vielleicht wird es nicht immer sofort mit Essen und Schmecken in  Verbindung gebracht, aber Tatsache ist: Auch das Hören beeinflusst unsere Geschmackswahrnehmung. So verrät uns etwa der Klang beim Hineinbeißen in eine Karotte, ob diese noch knackig frisch ist oder nicht. Ansprechende Geräusche können Appetit machen und das Geschmackerlebnis verbessern – das macht sich auch die Lebensmittelindustrie zunutze. So wird bei Chips beispielsweise darauf geachtet, dass ihr Knacken ansprechend klingt, das Geräusch einer  Bratwurst beim Abbeißen muss stimmen, und auch das richtige Zischen beim Bieröffnen wird nicht dem Zufall überlassen. Und was manche Restaurant teilweise ausnutzen: auch die Hintergrundmusik trägt dazu bei, wie gut und intensiv Essen schmeckt. So etwa besagt eine Studie, dass die Begleitmusik aus den entsprechenden Ländern typische Nationalgerichte besser munden lässt. Des Weiteren heben tiefe Töne Bitteres hervor, wohingegen hohe Töne die Süße von Speisen unterstreicht.

Schmecken

Über die Geschmacksknospen auf unserer Zunge nehmen wir die Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig, bitter und umami wahr. Im Fachjargon spricht man von „gustatorischen Sinneneindrücken“, die hier erzeugt werden. Genaueres dazu gibt es in unserem Blogbeitrag zum Geschmackssinn und Mythos Zungenlandkarte nachzulesen.

Referenzen

[1] Genschow O, Reutner L and Wänke M.: The color red reduces snack food and softdrink intake (2012). Appetite, Apr;58(2):699-702.

[2] Bushdi C., Magnasco MO, Vosshall LB, Keller A.: Humans Can Discriminate More than 1 Trillion Olfactory Stimuli (2014). Science 21, März, Vol. 343, No. 6177, S. 1370–1372. doi:10.1126/science.1249168

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