Kartoffeln: Nährstoffe, resistente Stärke und Sorten

Kartoffeln in Sack

Bild: Pixabay, CCO

Kartoffeln gelten in unseren Breiten als Standardbeilage. Dabei sind sie nicht nur sättigend, sondern auch sehr nachhaltig und besitzen viele Nährstoffe. Die interessanten Eigenschaften der Kartoffelstärke und die richtige Zubereitung der verschiedenen Sorten sind hier von den bESSERwissern  zusammengefasst.

Von der Zierpflanze zum Allrounder

Die Kartoffel (lat. solanum tuberosum) wird seit über 6.000 Jahren in den Anden kultiviert und gelangte durch spanische Seefahrer Mitte des 16. Jahrhunderts nach Europa. Zuerst war sie hier aufgrund ihrer nicht genießbaren Blüten und Blätter nur als Zierpflanze verbreitet. Als sehr nährstoffreiches und gut lagerfähiges Lebensmittel legte sie zur Ernährung der wachsenden europäischen Bevölkerung in den folgenden Jahrhunderten aber eine steile Karriere hin.
Während in manchen Sprachen der lateinamerikanische Name patata übernommen wurde und im Englischen zu potato wurde, stammt der Name Kartoffel vom italienischen tartufo (Trüffel). In Österreich ist der Name Erdapfel (vom französischen pomme de terre) verbreiteter, aber auch hier gibt es regionale Unterschiede – im Burgenland wird die Knolle beispielsweise auch Grundbirne genannt.

Heute gibt es über 3.000 verschiedene Kartoffelsorten mit unterschiedlichen Farben, Formen und Reifezeiten. Sie finden Verwendung als Nahrungsmittel und Tierfutter, zur Erzeugung industrieller Rohstoffe sowie zur Alkoholproduktion [1].

Kartoffeln: Nachhaltiger Energielieferant

Als Grundnahrungsmittel spielen Kartoffeln auch heute noch eine wichtige Rolle in der Ernährungssicherheit und im weltweiten Kampf gegen Hungersnöte. Sie sind relativ günstig und haben verglichen mit anderen Gemüsesorten das beste Nährstoff-zu-Preis-Verhältnis [2]. Außerdem haben Kartoffeln eine gute Ökobilanz gemessen an der für den Anbau benötigten Menge Ackerland, Wasser und Energieressourcen. Verglichen mit Reis und Weizen hat die Kartoffel in der Produktion den geringsten CO2-Fußabdruck (3). Vor allem in Ländern, in denen Kartoffeln angebaut werden, Reis und Nudeln jedoch überwiegend importiert werden, sind kurze Transportwege möglich. Die relativ lange Kochzeit von Kartoffeln lässt den Energiebedarf jedoch steigen.

Nährstoffe und Giftstoffe in Kartoffeln

Neben ihrem hohen Anteil an Kohlenhydraten sind Kartoffeln auch reich an anderen lebenswichtigen Nährstoffen. Ihr Proteingehalt liegt – ähnlich wie bei vielen anderen Gemüsen – bei durchschnittlich zwei Prozent. Die in der Kartoffel vorkommenden Proteine sind jedoch für den Körper überdurchschnittlich gut verwertbar und enthalten alle essenziellen Aminosäuren. Weiters sind Kartoffeln gute Quellen für die Vitamine C, B6, Riboflavin, Thiamin und Folat. Kartoffeln sind außerdem eine der besten Kaliumquellen, liefern Magnesium, und das in ihnen enthaltene Eisen kann der Körper besonders gut aufnehmen. Während sich die meisten Ballaststoffe in der Kartoffelschale befinden, sind die anderen Nährstoffe überwiegend im Fruchtfleisch gespeichert. Die tatsächlich für den Körper verfügbaren Nährstoffe sind jedoch von der Art der Zubereitung abhängig. So lässt langes Kochen in Wasser die Konzentration des wasserlöslichen und hitzeempfindlichen Vitamins C sinken [4].

Als Vertreter der Nachtschattengewächse enthalten Kartoffeln aber auch einige natürliche Giftstoffe (Toxine), die sie vor Fraßfeinden schützen sollen. Vor allem Solanin, ein Glykoalkaloid, ist hier zu erwähnen. Dieses findet sich insbesondere in Kartoffelaugen – den dunklen Stellen an denen sich Triebe bilden-, den Schalen und in grünen Stellen der Knolle. Im Fruchtfleisch ist der Solaningehalt jedoch verschwindend gering. Wenn grüne Stellen und Keime vor der Zubereitung entfernt werden, können Kartoffeln also bedenkenlos verzehrt werden [5].

Resistente Stärke

Den relativ hohen Kaloriengehalt verdankt die Kartoffel der in ihr gespeicherten Stärke. Kartoffelstärke besteht aus den Polysacchariden (Vielfachzuckern) Amylopektin und Amylose und kann roh nicht verdaut werden. Erst beim Erhitzen bindet die Stärke Wasser und quillt auf (verkleistert). Im Körper können Enzyme (Amylasen) die Stärke in Zucker spalten und so verwertbar machen. Ein Teil der Stärke kann im Zuge der Verdauung aufgrund ihrer Struktur nicht enzymatisch gespalten werden. Diese sogenannte „resistente Stärke“ kommt vor allem in rohen Kartoffeln vor, entsteht aber auch beim Abkühlen erhitzter Kartoffeln, wenn sich die verkleisterte Stärke wieder zurückbildet (Retrogradation). Resistente Stärke  gelangt unverdaut in den Dickdarm, wo sie von Mikroorganismen fermentiert wird. Dabei ist sie, ähnlich wie Ballaststoffe, förderlich für das Mikrobiom. In weiterer Folge wirkt resistente Stärke positiv auf den Körper, indem sie das Sättigungsgefühl verstärkt und Fett- sowie Glukosewerte im Blut positiv beeinflusst [4].

Kalte Kartoffeln, etwa im Kartoffelsalat, haben einen höheren Anteil resistenter Stärke und deshalb etwas weniger Kalorien als warme. In einer Studie wurde die Menge von resistenter Stärke in verschieden zubereiteten Kartoffeln untersucht. Dabei zeigte sich, dass gebackene Kartoffeln mehr resistente Stärke enthalten als in Wasser gekochte. Den größten Anteil an resistenter Stärke hatten abgekühlte Kartoffeln, und auch wenn sie danach wieder erwärmt wurden, blieb resistente Stärke erhalten [6].

Kälteinduziertes Süßwerden

Eine weitere, jedoch weniger bekannte Eigenschaft von Kartoffeln ist die geschmackliche Veränderung bei kalten Temperaturen. Kartoffeln sollten feucht und dunkel bei 6-10°C gelagert werden, um die Sprossenbildung zu verhindern. Bei Temperaturen unter 4°C beginnen jedoch Amylasen in der Kartoffel die Speicherstärke in Zucker zu spalten, was dazu führt, dass Kartoffeln nach kalter Lagerung süß schmecken. Die Ursache und der Mechanismus dahinter sind noch nicht genau erforscht, es wird aber ein pflanzeneigener Frostschutzmechanismus vermutet: Reduzierende Zucker wie Glukose und Fruktose setzen den Gefrierpunkt in der Kartoffelknolle herab und schützen so die Pflanzenzellen gegen Frost. Man spricht auch von kälteinduziertem Süßwerden. Während die so entstandene Süße bei Karotten  willkommen ist, sind zu süße Kartoffeln eher nicht beliebt. Vor allem bei Kartoffeln, die zu Chips oder Pommes Frites weiterverarbeitet werden sollen stört der höhere Zuckergehalt, da er zu einer verstärkten Bräunung führt.  [7].

Welche Kartoffelsorte für welches Gericht?

Oft steht man beim Einkaufen vor der Qual der Wahl: mehlige, vorwiegend festkochende, festkochende und speckige Sorten werden angeboten. Den rohen Kartoffeln sieht man ihre Kocheigenschaften nicht an. Wieder ist es die Stärke, die hier den Unterscheid macht: Je mehr Stärke in der Kartoffelknolle steckt, umso weicher wird sie beim Kochen.

  • Die vorwiegend festkochenden Kartoffeln gelten als Allrounder: Sie werden beim Kochen mittelweich und können z.B. gut zu Salzkartoffeln, Aufläufen oder Rösti verarbeitet werden.
  • Festkochende und speckige Kartoffeln haben gekocht eine festere Konsistenz, was bei Bratkartoffeln und Kartoffelsalaten von Vorteil ist.
  • Mehlige Kartoffeln werden hingegen relativ weich und eignen sich daher gut für Püree, Knödel und Suppen.

Quellen

  1. Pflanzenforschung.de
  2. Drewnowski A.: New metrics of affordable nutrition: which vegetables provide most nutrients for least cost? J Acad Nutr Diet. 2013;113(9):1182-1187. doi:10.1016/j.jand.2013.03.015
  3. Hess T., Chatterton J., Daccache A. and Williams A.: The impact of changing food choices on the blue water scarcity footprint and greenhouse gas emissions of the British diet: the example of potato, pasta and rice. Journal of Cleaner Production 2016; 112 (5): 4558-4568. doi: 10.1016/j.jclepro.2015.08.098
  4. Beals, K.: Potatoes, Nutrition and Health. American Journal of Potato Research 2018; 96 (103) doi: 10.1007/s12230-018-09705-4.
  5. Deutsche Gesellschaft für Ernährung
  6. Raatz SK, Idso L., Johnson LK et al.: Resistant starch analysis of commonly consumed potatoes: Content varies by cooking method and service temperature but not by variety. Food Chem. 2016;208:297-300. doi:10.1016/j.foodchem.2016.03.120
  7. Robertson TM, Alzaabi AZ, Robertson MD and Fielding BA: Starchy Carbohydrates in a Healthy Diet: The Role of the Humble Potato. Nutrients. 2018;10(11):1764. Published 2018 Nov 14. doi:10.3390/nu10111764
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