Die akute myeloische Leukämie (AML) ist eine bösartige Form von Blutkrebs. Bei einer speziellen Form der AML kommt es zur Verschmelzung bestimmter Proteine, zu sogenannten „NUP98-Fusionen“. Wissenschaftler:innen der Veterinärmedizinischen Universität Wien haben diese Proteine genauer untersucht und konnten dabei eine Schwachstelle identifizieren, die bei der Entwicklung neuer Therapien helfen kann.
Bei der akuten myeloischen Leukämie (AML) kommt es aufgrund eines veränderten Erbgutes zur unkontrollierten Vermehrung von unreifen Blutzellen – wie roten Blutkörperchen, Blutplättchen und einem Teil der weißen Blutkörperchen. Diese unreifen Zellen werden auch als myeloische Blasten bezeichnet und können sich nicht zu normalen, funktionstüchtigen Blutzellen weiterentwickeln. In Folge verteilen sie sich im ganzen Körper und können Organe beschädigen.
Obwohl diese Krankheit hauptsächlich bei Erwachsenen auftritt, können Menschen jeden Alters betroffen sein. Die genetischen Muster der AML bei Kindern unterscheiden sich dabei erheblich von der AML in Erwachsenen. Daher sind zielgerichtete Therapien, die für die Behandlung in Erwachsenen zugelassen sind, für Kinder oft ungeeignet.
Fusions-Proteine erschweren Therapie
Besonders problematisch ist eine Form der AML, bei der sich spezielle Proteine (NUP98 und KDM5A) zu sogenannten „NUP98-Fusionen“ verbinden. Diese Fusions-Proteine kommen bei jungen Patient:innen besonders häufig vor und sind oft für erfolglose Therapien und vermehrte Rückfälle verantwortlich. Forscher:innen der Veterinärmedizinischen Universität Wien konnten in Zusammenarbeit mit der St. Anna Kinderkrebsforschung und dem CeMM (Forschungszentrum für Molekulare Medizin) nun neues Wissen über dieses Protein erlangen. Dies könnte zu einer besseren Behandlung von AML beitragen.
Neue Erkenntnisse
In ihrer Studie fanden die Wissenschaftler:innen heraus, dass die AML mit NUP98-Fusionen eine besondere „epigenetische Signatur“ hat. Genauer gesagt, weist bei diesen Krebszellen nicht die DNA selbst –also die Erbinformation –Veränderungen auf. Stattdessen konnten zusätzliche chemische Veränderungen des Erbgutes – sogenannte epigenetische Veränderungen – festgestellt werden, die beeinflussen, wie Gene abgelesen werden. Diese Veränderungen sorgen dafür, dass bestimmte Gene, die in der Blutbildung wichtig sind, leichter zugänglich und aktiver sind.
Um dies genauer zu erforschen, wurden unter anderem Patientenproben untersucht. Dabei wurden spezifische Zielgene der NUP98-Fusionsproteine mittels CRISPR/Cas9-Screening entdeckt, die für das Wachstum von AML-Zellen erforderlich sind.
CDK12 als potenzielles Ziel für Medikamente
Die Forscher:innen konnten dadurch ein bestimmtes Enzym, die Cyclin-abhängige Kinase 12 (CDK12), als Schwachstelle von AML mit NUP98-Fusionen identifizieren. Entsprechend ihrer Rolle in der Reparatur von DNA-Schäden führt eine Inaktivierung von CDK12 zu einer erhöhten DNA-Schädigung in den Krebszellen, wodurch der – im therapeutischen Sinn sehr erwünschte – Tod der bösartigen Zellen eintritt.
Florian Grebien, Leiter der im Fachjournal „Nature“ veröffentlichen Studie, dazu: „CDK12 eignet sich durch die molekularen Eigenschaften als potenzielles Ziel neuer Therapieformen.“ Das neu erlangte Wissen stellt daher einen innovativen, wichtigen Ansatzpunkt für verbesserte und erfolgreichere Therapien gegen AML, besonders in Kindern, dar.
nr, 11.06.2025
Vetmeduni Pressemeldung "Wiener Forschungsteam erreicht Meilenstein im Kampf gegen Brustkrebs AML" vom 21.05.2025
Troester, S., Eder, T., Wukowits, N. et al. Transcriptional and epigenetic rewiring by the NUP98::KDM5A fusion oncoprotein directly activates CDK12. Nat Commun16, 4656 (2025). https://doi.org/10.1038/s41467-025-59930-9