Wie Immunzellen ihre tödliche Fracht abliefern

Der Fettstoffwechsel von Zellen hat einen Einfluss auf die Immunabwehr , Bild: ©Kalinichenko

Präzision ist für Immunzellen entscheidend: Spezialisierte Immunzellen beseitigen infizierte oder entartete Zellen, indem sie gezielt winzige, hochgiftige Partikel freisetzen. Eine aktuelle Studie beschreibt nun eine Verbindung zwischen dem Fettstoffwechsel und der Fähigkeit des Immunsystems, seine „tödliche Fracht“ zielgenau abzugeben – und liefert neue Einblicke in Erkrankungen, die durch genetische Defekte verursacht werden.

Unser Immunsystem nutzt spezialisierte Zellen, wie natürliche Killerzellen (NK-Zellen) und T-Zellen, um gefährliche Eindringlinge wie Viren oder Krebszellen zu erkennen und zu zerstören. Dazu setzen sie mikroskopisch kleine „Pakete“ frei, die mit hochgiftigen Molekülen gefüllt sind – sogenannte zytotoxische Granula. Diese töten die infizierten oder entarteten Zellen ab. Einige der daran beteiligten Moleküle sind bereits erforscht, doch auch weitere, bislang unbekannte Moleküle könnten für diesen Mechanismus wichtig sein.

Ein internationales Forschungsteam der MedUni Wien, der St. Anna Kinderkrebsforschung, des CeMM Forschungszentrums für Molekulare Medizin, der Medizinischen Universität Graz, sowie des Universitätsklinikums und der Universität Bonn, konnte nun neue Zusammenhänge aufdecken, die das Verständnis der Immunabwehr deutlich erweitern.

Fette helfen Immunzellen, Viren oder Krebszellen abzuwehren

Mithilfe von Analysemethoden, die auf der „Genschere“ CRISPR basieren, stellten die Forscher:innen fest, dass eine unerwartete Gruppe an Genen wichtig für die Freisetzung von zytotoxischen Granula ist. Viele dieser Gene stehen in Verbindung mit dem Fettstoffwechsel der Zellen. Das Team zeigte, dass bestimmte Fette (Lipide) dabei helfen, wichtige Proteine an den richtigen Ort innerhalb der Immunzellen zu bringen. Sie sorgen so dafür, dass die gefährlichen Zellen gezielt ausgeschaltet werden können.

Bedeutung für die Medizin

Dieser Durchbruch trägt nicht nur zum besseren Verständnis der Funktionsweise von Immunzellen bei, sondern liefert auch neue Erkenntnisse über Krankheiten, die durch genetische Defekte verursacht werden – etwa seltene neurologische Störungen oder angeborene Immundefekte.

„Es ist faszinierend zu sehen, dass Moleküle, die ursprünglich aus der Neurobiologie bekannt sind und mit dem Fettstoffwechsel in Verbindung stehen, auch für einen bestimmten Mechanismus der Immunabwehr von entscheidender Bedeutung sind“, erklärt Jakob Huemer, Ko-Erstautor der Studie.

„Diese Arbeit zeigt, welches Potential in gemeinschaftlicher, von Neugier getriebener Forschung steckt “, fasst der leitende Autor Kaan Boztug zusammen. „Wir konnten einen völlig unerwarteten Zusammenhang zwischen der Lipidbiologie und der Funktion von Immunzellen aufdecken und damit scheinbar unabhängige biologische Prozesse miteinander verknüpfen. Diese Erkenntnisse werden uns dabei helfen, die Diagnose von Patient:innen mit seltenen Immundefekten zu verbessern, und sind auch für die zukünftige Entwicklung von Ansätzen zur Krebsimmuntherapie relevant.“

nr, 24.10.2025


Quellenangaben

Med Uni Graz Presseaussendung vom 20.10.2025

Originalpublikation: Kalinichenko A, Huemer J, Humer T, et al. Protein palmitoylation and sphingolipid metabolism control regulated exocytosis in cytotoxic lymphocytes. Sci Immunol. 2025;10(112):eado3825. doi:10.1126/sciimmunol.ado3825