Was die Bioethikkommission über "Dr. Google" sagt

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In den letzten Jahren zeichnet sich in der Interaktion zwischen ÄrztInnen und PatientInnen ein Trend zur partizipativen Medizin ab - also einer Rollenverschiebung von professionellen ExpertInnen hin zu Laien. PatientInnen beteiligen sich immer öfter an ihrer eigenen Diagnose, Therapie oder mitunter sogar an der medizinischen Forschung. ÄrztInnen sind seltener die alleinigen EntscheidungsträgerInnen, sondern stellen Wissen und Erfahrung zur Verfügung um die weitere Behandlung gemeinsam mit den PatientInnen zu planen.

Von großer Relevanz für diese Entwicklung ist nicht zuletzt der Vormarsch des Internets. Durch das Internet und die verstärkte Open Access Policy ist der Zugriff auf Informationen die früher nur ExpertInnen zugänglich waren nun erheblich erleichtert. Auch bietet das Internet neue Möglichkeiten der Vernetzung und des Austauschs. PatientInnen können heute also auf eine große Bandbreite von Ressourcen zurückgreifen um sich über ihre Erkrankung zu informieren. Allenvoran ist dabei "Dr. Google" zu nennen - also das Suchen nach gesundheitsrelevanten Informationen wie Symptomlisten, Therapiemöglichkeiten und Erfahrungsberichten anderer PatientInnen mithilfe der Suchmaschine Google.

Bioethikkommission nimmt Stellung

Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, hat die Bioethikkommission im Bundeskanzleramt kürzlich eine Stellungnahme zum Thema "Partizipative Medizin und Internet" veröffentlicht. In dieser beleuchtet die Kommission die Möglichkeiten und Gefahrenpotenziale der Internetnutzung im Gesundheitsbereich.

Die Stellungnahme beschäftigt sich einerseits mit der Frage der PatientInnenautonomie und der Fähigkeit zur Selbstsorge, die wünschenswerte Ziele im Rahmen der Gesundheitsvorsorge sind, jedoch keinesfalls zu einer Verpflichtung für individuelle PatientInnen werden sollten. Andererseits thematisiert die Stellungnahme die Konsequenzen der datenintensiven Medizin der Gegenwart. Diese stellt KlinikerInnen vor das Problem, entscheiden zu müssen, welche Information in welcher Form an PatientInnen weitergegeben werden sollen.

Als spezielle ethische Herausforderungen identifiziert die Bioethikkommission die Qualitätssicherung der im Internet verfügbaren Daten und den Schutz der Privatsphäre insbesondere vor intransparenter kommerzieller Nutzung sowie die Beseitigung von Barrieren zur Internetnutzung, die körperlicher, technischer, sozialer, ökonomischer oder sprachlicher Natur sein können.

Empfehlungen an die öffentliche Hand

Basierend auf diesen Überlegungen erarbeitete die Bioethikkommission folgende Empfehlungen:

  • Eine bessere Kennzeichnung qualitätsgesicherter Inhalte (Korrektheit der Inhalte und Einhaltung rechtlicher und ethischer Standards) durch die öffentliche Hand
  • Die gesundheitspolitische Positionierung des Internets in Relation zum persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt um damit einer möglichen Entwicklung hin zum Ersatz des Arztbesuchs durch Internetnutzung entgegenzuwirken.
  • Bildungspolitische Maßnahmen zur Förderung von "Health Literacy" und "Internet Literacy" in der Bevölkerung sowie von "Citizen Science"-Projekten im Bereich der partizipativen Medizin.
  • Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zur Internetnutzung im Kontext von Gesundheit und Krankheit für medizinisches Fachpersonal
  • Die Förderung von Forschungsvorhaben zur Internetnutzung im Kontext von Gesundheit und Krankheit in Österreich als Grundlage für evidenzbasierte Lösungen bestehender ethischer Herausforderungen

Stellungnahme "Partizipative Medizin und Internet"

Erstellt am 14.07.2015