Neue Theorie zum Rätsel der grünen Eisberge

Weißer Eisberg

, Bild: Pixabay, CCO

Schon im vorigen Jahrhundert berichteten Seefahrer immer wieder von der Sichtung grüner Eisberge in der Antarktis, doch lange wurde dieses Phänomen als Legende abgetan. In den letzten Jahrzehnten konnte dann auch die Wissenschaft deren Existenz belegen. Doch die Frage, wie die auffällige smaragd- bzw. jadegrüne Färbung zustande kommt, konnte bisher noch nicht vollständig geklärt werden. ForscherInnen präsentierten jetzt eine neue Erklärung zum Entstehen der seltenen grünen Eisberge in der Antarktis. Demnach soll Eisen aus dem Meerwasser für deren auffällige Färbung verantwortlich sein.

Weiße, blaue und grüne Eisberge bekannt

Eisberge sind normalerweise weiß oder erscheinen bläulich. Ihre Blaufärbung kann so erklärt werden, dass Eis aus reinem Wasser andere Anteile vom Spektrum des Sonnenlichts stärker absorbiert als die blauen. Bei überwiegend weißen Eisbergen entsteht die Farbe aufgrund der Lichtstreuung durch die kleinen Luftbläschen, die im Eis eingeschlossen sind.

Zu der Frage, wodurch das seltene Grün bei Eisbergen hervorgerufen wird, gab es bisher mehrere Hypothesen. Eine Vermutung ging davon aus, dass organische Partikeln im Eis selbst die ungewöhnliche Verfärbung bewirken. Genauere Analysen aus den 90er Jahren ergaben jedoch, dass das grüne Eis nicht mehr organische Stoffe enthält als herkömmliches blaues, und diese Hypothese musste somit wieder verworfen werden. Eine andere mögliche Erklärung für die grünen Riesen wäre, dass Algen auf der Unterseite des Eisbergs die ungewöhnliche grüne Farbe hervorrufen, diese jedoch erst dann sichtbar wird, wenn ein Eisberg kippt uns seine Unterseite aus dem Wasser ragt. Doch Untersuchungen konnten in grünen Eisbergen nicht genügend organisches Material nachweisen, um diese Hypothese zu stützen.

Eiseneinschlüsse für Grünfärbung verantwortlich

ForscherInnen stellten nun eine neue Theorie zu den grünen Eisbergen auf und veröffentlichten diese vor kurzem im Journal of Geophysical Research: Oceans. Einer der Autoren der Studie ist Stephen Warren, Galziologe an der Universität Washington. Dieser forscht schon seit langem an den grünen Eisbergen und machte bereits in den 1980ern eine wichtig Entdeckung: Ihm und seinem Team fiel bei ihren Expeditionen auf, dass grüne Eisberge aus erstaunlich klarem Eis ohne Luftbläschen bestehen. Dies deutet darauf hin, dass sie sich nicht aus akkumuliertem Schnee gebildet haben. Es ließ die ForscherInnen vermuten, dass das grüne Eis durch Festfrieren von Meerwasser an der Unterseite eines Eisberges entstand – mit der Analyse von Eisbohrkerne aus grünen Eisbergen konnten sie dies auch bestätigen. Die grünen Bereiche vom Eis enthielten bis zu 500 Mal mehr Eisen als Gletschereis. Enthält das Meerwasser, aus dem dieses Eis gebildet wird, nun bestimmte Eisenverbindungen von zermahlenem Gestein vom antarktischen Festland, kann in weiterer Folge die rätselhafte Grünfärbung der Eisberge zustande kommen: Kippt der Eisberg beim Abschmelzen um und ragt seine Unterseite aus dem Wasser, so ergibt sich die grüne Farbe.

Schwimmende Nährstoffspeicher

Die ForscherInnen um Warren gehen mittlerweile davon aus, dass die grünen Eisberge eine wichtige Rolle als Nährstoffquelle für Phytoplankton im Ozean spielt. Die schwimmenden grünen Berge könnten mit ihren Eisenverbindungen im Eis winzigen Organismen Nährstoffe abgeben und deren Wachstum fördern. Sie dürften somit keine exotische Kuriosität darstellen, sondern wirklich wichtig für die Nahrungspyramide sein.

 

Quellen:

DerStandard vom 10.3.2019

Geo 04/2019

 

Originalpublikation:

Warren SG, Roesler CS, Brandt RE and Curran M.: Green Icebergs Revisited (2019). JGR Oceans, Volume124, Issue2, February 2019, Pages 925-938; https://doi.org/10.1029/2018JC014479

AS, 29.03.2019