Von Berichten paläontologischer Untersuchungen bis hin zu interessanten Einblicken in die Katzenpsychologie - am ersten Animalicum Kongress in Bregenz gab es wunderbar vielfältige Vorträge zur Forschungsarbeit rund um das Lieblingshaustier des Österreichers.
Prof. Dr. Marcelo Sánchez der Universität Zürich veranschaulichte in seinem Vortrag anhand vielfältiger Beispiele, warum gerade die Domestikation der Katze als Modell für die Erforschung phänotypischer, also körperlicher Veränderung eines Lebenswesens herangezogen werden kann. Hauskatzen beispielweise sind, obwohl durch den Menschen domestiziert und gezielt gezüchtet, im Gegensatz zu anderen Lebewesen sehr nah an ihrer Wildform geblieben, was sie als Forschungsmodelle prädestiniert. Als Urmutter der Hauskatze konnte durch genetische Analysen von Knochenfunden die Unterart Felis silvestris lybica, umgangssprachlich als afrikanische Wildkatze bezeichnet, bestimmt werden, so Prof. Sanchez. Darüber hinaus fanden Forscher auf der vom Festland abgetrennten Insel Zypern ein fast zehntausend Jahre altes Skelett eines Menschen, der gemeinsam mit seiner Katze begraben wurde. Die von Vigne et al im Fachjournal Science publizierte Forschungsarbeit [1] legt dar, dass Mensch und Tier absichtlich miteinander begraben wurden. Darüber hinaus konnten genetische Analysen zeigen, dass die Katze absichtlich vom Festland mitgenommen worden sein musste, da diese Art auf der Insel zu dieser Zeit nicht vorkam.
Durch die von Charles Darwin beschriebenen Prinzipien der natürlichen Selektion von Lebewesen wird die Weitergabe von Merkmalen im Kontext eines evolutionären Vorteils beschrieben. Im Gegensatz dazu ist Anpassungen durch Domestikation mit keinem Überlebensvorteil im herkömmlichen Sinn verbunden. Beispielweise ist die Brachycephalie, die Verkürzung des Kopfes und der Schnauzen, die vor allem beim Hund gut sichtbar ist, eher eine Anpassung an die Fütterungsbedingungen, also ein Resultat der Domestikation. Der Einfluss von Umweltbedingungen, wie des Faktors Mensch, kann durch epigenetische Analysen der Veränderung des Genoms nachgewiesen werden. Epigenetische Analysen können ebenso Aufschluss über die Veränderung des Katzengenoms während des Wachstums geben, dabei interessiert sich Prof. Sánchez vor allem für die Embryonalentwicklung der Katze. Morphologische Untersuchungen zeigten, dass die Organogenese von Katzen bei der Geburt bereits viel fortgeschrittener ist, als beispielsweise bei Hunden. Auch wachsen Katzen isometrisch, also immer in gleichen Proportionen. Hingegen wachsen Hunde allometrisch - ihre Körperproportionen sind während der einzelnen Wachstumsphasen oft in einem ungewohnten, oft seltsam anmutenden Verhältnis zueinander. Diese Isometrie der Katze kann auch damit zusammenhängen, dass Katzen oft als besonders elegant beschrieben werden.
In einem weiteren Vortrag gab Prof. Susanne Schötz, Phonetikerin an der Universität Lund in Schweden, Einblick in ihr Forschungsprojekt „Meowsic“. Schötz ist nicht nur begeisterte Katzenhalterin, sondern auch Forscherin. Dadurch entstand das ungewöhnliche Projekt, bei dem sie zunächst Katzenlaute ihrer eigenen Katzen durch phonetische Methoden analysierte. Um die akustischen Analysen der Frequenz der Laute wissenschaftlich fundiert in Zusammenhang mit der Perzeption beim Menschen bringen zu können, sammelt Schötz Ton- und Videoaufnahmen von Katzen. Über die Meowsic Crowd Sourcing Plattform werden Katzenlaute von Katzen auf der ganzen Welt gesammelt und nach Mustern, die in der Katzen-Mensch Kommunikation in verschiedenen Situationen auftreten, gesucht. Längst hat Prof. Schötz die Tonalität von Miauen, Gurren, Heulen, Knurren, Fauchen, Kreischen, Schnattern und Schnurren entschlüsselt und möchte nun auch untersuchen, ob Katzen in verschiedenen Ländern auch andere Sprachen sprechen. Fest steht schon jetzt: Katzen reagieren in Begegnungssituationen mit Menschen mit spezifischen Lauten, die unterschiedliche Bedürfnisse der Katze zum Ausdruck bringen. Katzen haben also im Laufe der Domestikation gelernt, mit Menschen eine Sprache zu sprechen, die wir auch verstehen können. Sehr zuvorkommend!
Der erste Animalicum Kongress, initiiert durch Veterinärmedizinerin und Wissenschaftsjournalistin Tanja Warter, fand am Sa den 25.3.2017 in Bregenz statt. Neben den wissenschaftlichen Vorträgen von Prof. Sánchez und Prof. Schötz gab es auch zahlreiche weitere spannende Beiträge von WissenschaftlerInnen, VeterinärmedizinerInnen sowie Katzentherapeutinnen.
Quellen:
Vigne JD, Guilane J, Debue K, Early Taming of the Cat in Cyprus, Science 2004, Vol. 304, Issue 5668, pp. 259, DOI: 10.1126/science.1095335
EK, 27.03.2017