ViVerita Discovery: Neue Targets für Krebstherapie finden

Bei der Targetsuche werden einzelne Krebszellen genetisch verändert., Bild: Ulrich Elling, generiert mit Google Gemini

Das Wiener Start-Up ViVerita Discovery nützt neu entwickelte und patentierte Methoden der Gentechnik, um Proteine in Krebszellen zu finden, die für Krebstherapien verwendet werden können.

Gegründet wurde ViVerita Discovery im Jahr 2024 und gehört zum US-amerikanischen Unternehmen ViVerita Therapeutics. Beide Unternehmen wurden von Ulrich Elling, Daniel Schramek und Xuewen Pan gegründet, wobei Ulrich Elling den Wiener Standort leitet.

Herausforderungen in der Krebstherapie

Dank vielen Jahren an Forschungs- und Entwicklungsarbeit gibt es heutzutage verschiedenste Wege Krebs zu behandeln. Dennoch helfen diese Behandlungen nicht bei allen Krebserkrankungen und sie führen oft zu starken Nebenwirkungen. Die meisten in der Krebstherapie verwendeten Chemotherapeutika greifen besonders schnell wachsende Zellen an. Das sind einerseits Krebszellen, aber auch viele andere gesunde Zelltypen im menschlichen Körper, wie zum Beispiel Haarzellen oder Schleimhautzellen. Das löst Nebenwirkungen aus, unter anderem auch Haarausfall.

Gezielte Krebstherapien haben das Potenzial, solche Nebenwirkungen zu verringern oder im Optimalfall sogar ganz zu vermeiden. Die Idee gezielter Krebstherapien ist es nämlich, Medikamente zu verwenden, die ausschließlich gegen jene Prozesse wirken, die Krebszellen helfen zu wachsen und sich auszubreiten. Medikamente also, die genau und zielgerichtet nur gegen Krebszellen wirken. Um das zu schaffen, muss man aber zuerst ein Ziel – ein sogenanntes Target – finden, das Krebszellen zum Überleben benötigen und für andere (gesunde) Zellen im Körper nicht lebensnotwendig ist. Und genau hier liegt die große Herausforderung, der sich ViVerita stellt.

Wie findet man neue Targets?

Targets für Krebstherapien sind zum Beispiel Proteine, die von Krebszellen gebildet werden, um das eigene Wachstum zu fördern. Wenn man diese Proteine durch Medikamente inaktiviert, können sie ihre Funktion nicht mehr ausführen und somit kann Krebs nicht mehr wachsen oder sich ausbreiten. Bei der Suche nach solchen Targets verwenden Forschende häufig gentechnische Methoden. Dabei werden einzelne Gene von Krebszellen ausgeschaltet, sodass ein bestimmtes Protein nicht mehr gebildet werden kann. Danach wird beobachtet, ob das Fehlen des Proteins eine Auswirkung auf das Überleben der Krebszelle hat.

Solche Tests können im Labor mittlerweile relativ einfach durchgeführt werden, aber die Ergebnisse aus Versuchen mit im Labor gezüchteten Krebszellen – sogenannte „in vitro“ Versuche – sind nur begrenzt auf den Menschen umlegbar. Daher ist es wichtig, die Suche nach Targets „in vivo“ durchzuführen – also in einem lebenden Organismus. Dafür werden Tiermodelle verwendet, wie zum Beispiel Mäuse. Um neue Targets in Tiermodellen zu erforschen, müssen die Tiere zuerst an Krebs erkranken. Das passiert meistens durch eine kontrollierte Verabreichung von Krebszellen, die dann im Tier weiterwachsen und einen Tumor bilden. Danach können, so ähnlich wie oben beschrieben, in den Zellen der Tumore einzelne Gene ausgeschaltet werden, um herauszufinden, ob diese für das Überleben der Krebszellen wichtig sind. Allerdings stößt man bei in vivo Tests schnell an die Grenzen der Machbarkeit, wenn für eine umfassende Targetsuche mehrere tausend Gene analysiert werden müssten, weil man dafür dann auch sehr viele Tiere bräuchte. Das wiederum widerspricht dem allgemeinen Grundsatz der Wissenschaften, die Zahl der Tierversuche auf einem absolut notwendigen Minimum zu halten.

Neue Methoden von ViVerita

Die neuen Entwicklungen von ViVerita können bei der Lösung dieser Probleme helfen. Die patentierte Methode CRISPR-StAR wurde von Ulrich Elling und seinem Team entwickelt und dient dazu, Gene in Krebszellen bei in vivo Versuchen auszuschalten. Das Besondere an dieser Vorgehensweise ist es, dass nur in der Hälfte der Zellen des untersuchten Krebsgewebes ein Gen ausgeschaltet wird. Dadurch kann besser festgestellt werden, ob ein Gen und das daraus entstandene Protein einen Einfluss auf das Überleben der Krebszellen hat. Somit wird die Suche nach neuen Targets vereinfacht und vor allem aussagekräftiger.

Die zweite Methode, die von ViVerita-Mitgründer Daniel Schramek und seinem Team entwickelt wurde, lässt Krebszellen in Mäusen entstehen, was nötig ist, um anschließend targets zu suchen oder neue Therapieansätze testen zu können. Mit bisherigen Methoden musste für jedes Gen, das als mögliches Target untersucht werden soll, eine eigene Mauslinie gezüchtet werden. Der neue Ansatz von ViVerita, erzeugt in einer Maus eine Vielzahl von kleinen Krebszellansammlungen, in denen jeweils ein anderes Gen untersucht werden kann. Dadurch können in nur einer Maus viele Tests durchgeführt werden, sodass weniger Tiere benötigt werden.

Die Kombination dieser beiden Methoden ermöglicht, dass die Anzahl an Tieren für die Suche nach neuen Targets um das 100-fache reduziert werden kann und die Ergebnisse der Targetsuche wesentlich aussagekräftiger sind.

Ein Blick in die Zukunft

ViVerita beschränkt sich aber nicht nur auf die Entdeckung neuer Targets, sondern wird auch die auf diese Targets ausgerichteten Krebsmedikamente entwickeln. Dafür arbeitet das Unternehmen bereits jetzt eng mit Unternehmen in der Biotechnologie und Pharmakologie zusammen. Erst im Mai 2025 wurde die Zusammenarbeit mit dem internationalen Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim bekanntgegeben.

 

Mehr zum Unternehmen ViVerita und die neuesten wissenschaftlichen Publikationen ihrer Methoden finden Sie hier:

www.viveritatx.com

https://www.nature.com/articles/s41587-024-02512-9

https://www.nature.com/articles/s41467-024-49450-3

am, 08.07.2025