Die Messung des Sonnenvitamins

Für das "Sonnenvitamin" D wurde an der MedUni Graz eine neue Messmethode entwickelt, Bild: Pixabay, CCO

Forscher:innen der Medizinischen Universität Graz haben eine neue Methode entwickelt, um den Vitamin-D-Haushalt besser messen zu können.

Besonders in den Wintermonaten rückt Vitamin D, auch als „Sonnenvitamin“ bezeichnet, wieder stärker in den Fokus. Unter diesem Begriff wird eine Gruppe chemisch ähnlicher Substanzen (Calciferole) zusammengefasst, die viele Stoffwechselvorgänge im menschlichen Körper regulieren. An der Meduni Graz wurde nun eine Methode entwickelt, um den Vitamin-D-Haushalt besser messen und beurteilen zu können.

Neuer Test zur Vitamin-D-Messung aus Graz

Ob ein Mensch ausreichend mit Vitamin D versorgt und nicht überversorgt ist, beurteilen Expert:innen mit einem Vitamin-D-Test. Bislang wurde dabei nur ein bestimmter Wert, nämlich das sogenannte 25-Hydroxyvitamin D (25[OH]D) gemessen. Dieses ist auch als Calcidiol bekannt und stellt aber nur eine inaktive Vorstufe von Vitamin D dar. Somit gibt ein Test zwar Auskunft über die insgesamt verfügbare Menge an inaktivem Vitamin D, daraus lässt sich jedoch nicht schließen, wie Vitamin D tatsächlich im Körper genutzt wird.

Markus Herrmann, Leiter des Klinischen Instituts für Medizinische und Chemische Labordiagnostik an der Meduni Graz, zieht das Auto als Vergleichsmittel heran: „Der 25[OH]D-Spiegel zeigt uns eigentlich nur an, wie viel Treibstoff sich noch im Tank befindet. Mit unserer neuen Methode messen wir gleichzeitig noch das inaktive Abbauprodukt 24,25-Dihydroxyvitamin D (24,25[OH]2D)“. Indem auch der Metabolit, also das Abbauprodukt, gemessen wird, können die Forscher:innen ermitteln, „wie viel Abgas aus dem Auspuff kommt und so bessere Schlüsse auf die Vorgänge im Körper ziehen und eine personalisierte Beurteilung erreichen“.

Mangel ist nicht gleich Mangel

Ein allgemeiner Vitamin-D-Mangel (also eine mangelnde Vitamin-D-Zufuhr) unterscheidet sich grundlegend von einem funktionellen Vitamin-D-Mangel, bei dem zwar genug Vitamin-D-Vorstufe im Körper vorhanden ist, von diesem aber nicht genug in die aktive Form umgewandelt wird. Mithilfe der neuen Testmethode ist es nun möglich, die funktionellen Aspekte rund um den Vitamin-D-Metabolismus zu ergründen. Laut dem Labordiagnostiker Hermann können Forscher:innen und Ärzt:innen die Vorgänge im Körper der Patient:innen so besser nachvollziehen und beurteilen, welche Menschen einen Vitamin-D-Mangel haben und von einer erhöhten Vitamin-D-Zugabe profitieren können.

Das Forscher:innen-Team um Herrmann zeigt in der neuesten Publikation in „Clinical Chemistry“, dass die Sterblichkeit von Personen mit einem funktionellen Vitamin-D-Mangel – unabhängig vom 25[OH]D-Wert - stark erhöht ist. Dafür werteten die Wissenschaftler:innen Daten aus zwei großen Kohortenstudien – eine mit über 3300 Herzkatheter-Patient:innen und eine mit über 2000 Blutspender:innen – über einen Zeitraum von über 10 Jahren aus und verglichen diese. Bei den Patient:innen mit einem funktionellen Vitamin-D-Mangel war außerdem der Knochenstoffwechsel stark erhöht, was wiederum ein bekannter Risikofaktor für Osteoporose (Knochenschwund) ist. Bei einem Vitamin-D-Mangel kann der Körper nämlich kein Kalzium aus der Nahrung resorbieren (aufnehmen), was zu einem geringeren Kalkgehalt führt und in einer Erweichung der Knochen resultieren kann.

Indem man nun einen allgemeinen von einem funktionellen Vitamin-D-Mangel differenzieren konnte, reduzierte sich die Zahl der Patient:innen, die tatsächlich Vitamin-D-Ergänzungsmittel benötigten, um rund 20 Prozent. Weitere Studien sollen bald Einblick in die Folgen eines funktionellen Vitamin-D-Mangels auf Knochendichte und das Risiko für Knochenbrüche geben, um so Osteoporosen vermeiden zu können.

Let the Sunshine in

Der menschliche Körper kann unter Sonneneinstrahlung (UV-B-Licht) selbst eine Vorstufe von Vitamin D in der Haut bilden. Daher ist er nur bedingt auf die Zufuhr über die Nahrung angewiesen. Über Leber und Niere wird die Vorstufe in zwei Schritten zum aktiven Vitamin-D-Hormon „Calcitriol“ umgebaut.

Für eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung empfehlen Expert:innen, regelmäßig etwa 25 Minuten in der Sonne zu verbringen und dabei – natürlich je nach Jahreszeit und Hauttyp – etwa ein Viertel der Hautoberfläche, vor allem das Gesicht, Hände und Teile von Armen oder Beinen dem Sonnenlicht auszusetzen.

JB, 14.12.2023


Quellenangaben

Originalpublikation:

Herrmann M., Zelzer S., Cavalier E., Kleber M., Drexler-Helmberg C., Schlenke P., Curcic P., Keppel MH, Enko D., Scharnagl H., Pilz S. und März, W.: Functional Assessment of Vitamin D Status by a Novel Metabolic Approach: The Low Vitamin D Profile Concept (2023). Clinical chemistry, 69(11), 1307–1316. https://doi.org/10.1093/clinchem/hvad151.

Quellen:

Presseaussendung der MedUni Graz vom 4.12.2023 

Apa Science vom 4.12.2023