CRISPR-Interview mit Andreas Bachmair (MFPL)

, Bild: pixabay CC0

Andreas Bachmair ist Forschungsgruppenleiter am Department für Biochemie und Zellbiologie der Universität Wien,  Max F. Perutz Laboratories, und beschäftigt sich vorwiegend mit der Erforschung von posttranslationalen Proteinmodifikationen in Pflanzen. Open Science hat Prof. Bachmair zum Thema CRISPR/Cas in Pflanzenforschung & Landwirtschaft interviewt.

 

Herr Prof. Bachmair, bei Ihrer Forschungsarbeit steht die Untersuchung der Veränderung von pflanzlichen Proteinen durch zelluläre Modifikatoren wie beispielweise Ubiquitin im Vordergrund. Welche Fragestellungen konnten durch Ihre Forschung in der Vergangenheit bereits beantwortet werden?

Mein Interesse gilt vor allem den Vorgängen, die es Pflanzen ermöglichen, sich widrigen äußeren Umständen anzupassen. Da Pflanzen zu keinem Ortswechsel fähig sind, haben sie zahlreiche Mechanismen entwickelt, um auch zu überleben, wenn die Bedingungen alles andere als ideal sind. In der Grundlagenforschung geht es vor allem darum, die Mechanismen kennenzulernen, die dabei zur Anwendung kommen. Die Reaktion von Pflanzen auf Überflutung und auf Salzbelastung im Boden sind zwei Beispiele für extreme Umweltbedingungen, zu deren Verständnis die Forschung meiner Arbeitsgruppe Beiträge geleistet hat. Beide Szenarien werden mit dem Klimawandel wahrscheinlich häufiger auftreten.

 

Für welche konkreten Zwecke verwenden Sie und Ihr Team CRISPR basierte Genom-Editierungs-Methoden und wie hat sich Ihre Arbeit dadurch verändert?

Wir verwenden die Methode, um Genfunktionen verlässlich auszuschalten. Es ist eine Standardmethode der Molekularbiologie, Organismen mit Funktionsverlust in bestimmten Genen zu untersuchen, um auf diesem Wege mehr über die Funktion der betreffenden Gene zu erfahren. Ohne CRISPR/Cas wären wir auf vorhandene Pflanzenlinien beschränkt, die eigene Herstellung von Mutanten war wegen des großen Aufwandes nicht durchführbar.

 

Welche Auswirkungen könnte die Technik in Zukunft auf die Pflanzenzüchtung bzw. Agrarwirtschaft haben?

Die Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die Agrarprodukte verarbeitende Industrie sind enorm, weil CRISPR/Cas zu einer Vielzahl verbesserter Pflanzensorten führen wird. Zurzeit ist die Herstellung neuer Sorten vielfach ein limitierender Schritt, in Zukunft wird es mehr das biologische Verständnis der zugrundeliegenden Prozesse sein. Mit anderen Worten, die Wissensübertragung vom Labor zum Acker wird beschleunigt.

 

Haben wir in Österreich Ihres Erachtens ausreichend definierte rechtliche Regulierungen für die Anwendung von CRISPR/Cas im Bereich der Grünen Gentechnik?

Auch Experimente mit CRISPR/Cas fallen unter den Schirm des Gentechnikgesetztes, ihre Anwendung in der Forschung ist damit geregelt. Ein anderes Bild ergibt sich für die Anwendung außerhalb des Labors. Die Technologie wird es zum Beispiel ermöglichen, gentechnisch veränderte Pflanzen ohne „Markergene“ herzustellen. Diese Markergene waren bisher das Haupt-Charakteristikum transgener Pflanzen. In naher Zukunft wird es also Pflanzen geben, bei denen die Methode der Veränderung nicht als Gentechnik nachweisbar ist. In den USA werden solche Pflanzen (unter gewissen Zusatzbedingungen) als nicht transgen eingestuft, andere Länder werden dieser Rechtsauslegung folgen. Leider ist das österreichische Gentechnik-Gesetz darauf nicht vorbereitet, solche Pflanzen gelten in Österreich als transgen, der unabhängige Nachweis der Verwendung transgener Methoden könnte aber schwierig oder gar nicht möglich sein.

 

CRISPR/Cas erregt mediales Aufsehen. Wie schätzen Sie den tatsächlichen Nutzen der Technologie für die Wissenschaft ein und wie sehr kann die Gesellschaft in diesem Fall in die Debatte um die Anwendung der Technologie mit einbezogen werden?

Das Aufsehen ist insofern berechtigt, als diese Technologie die Effizienz fast aller gezielten Gen-Änderungen signifikant erhöht. Damit werden viele Anwendungen aus dem Bereich der Gedankenexperimente tatsächlich durchführbar. Man kann nun klarer die zukünftige Entwicklung transgener Technologien abschätzen, wenn man auch noch nicht genau weiß, wann diese Zukunft zur Gegenwart werden wird. Nach meinem Eindruck wird die Debatte sehr offen geführt, nützliche Beiträge erfordern aber eine Basis an Sachwissen.

 

Immer wieder hört man, dass CRISPR/Cas sehr einfach missbräuchlich eingesetzt werden könnte. Denken Sie, dass neue Maßnahmen im Bereich der Biosicherheit eingeführt werden sollten?

Auch ein einfaches Küchenmesser kann man missbräuchlich einsetzen. Da wäre es verwunderlich, wenn das für CIRSPR/Cas nicht gelten würde. Tatsache ist aber, dass für die Anwendung von CRISPR/Cas bereits ein gesetzlicher Rahmen existiert (das Gentechnik-Gesetz), dass die bisherige Erfahrung mit Gentechnik es recht gut erlaubt, Gefahrenpotentiale abzuschätzen, und dass die nun einsetzende Diskussion auch auf mögliche neue Gefahren eingeht.

 

Gibt es aus Ihrer Sicht andere ethische Fragestellungen CRISPR/Cas betreffend, die in Zukunft vermehrt diskutiert werden sollten?

Nach meiner Auffassung funktioniert die Diskussion ganz gut. Es ist im Wesentlichen eine Fortsetzung bisheriger Diskussionen über die Gentechnik und ihre Anwendungen, angereichert um einige neue Aspekte. Es gibt beispielsweise bereits Ethik-Kommissionen, die gentechnische Versuche an Menschen zunächst beurteilen und im Falle der Zulassung beratend begleiten.

 

Welche Forschungs- und Anwendungsbereiche werden Ihres Erachtens in Zukunft besonders von der CRISPR/Cas Technologie profitieren?

Meine Wahrnehmung konzentriert sich auf Anwendungen in der Landwirtschaft. Die wird stark profitieren, was angesichts der anstehenden Herausforderungen (Klimawandel, Bevölkerungswachstum, nachhaltige Bewirtschaftung) eine große Hilfe sein wird.

 

Herzlichen Dank für das Interview!

Erstellt von EK am 21.08.17

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  • Elena Kinz