Kohlenstoffdioxid-Aufnahme über Baumrinde wichtiger als bisher angenommen

Die Photosynthese findet nicht nur in Blättern sondern auch in der Baumrinde statt., Bild: Pixabay, CCO

Wissenschaftler:innen der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU) haben an der Photosynthese in Baumrinden geforscht und herausgefunden, dass dessen Beitrag zur CO2-Reduktion bedeutender ist als bisher angenommen.

Die Photosynthese ist der Prozess, mit dem grüne Pflanzen, Algen und manche Bakterien Licht nutzen, um aus Kohlendioxid (CO₂) und Wasser Zucker zu produzieren – und dabei Sauerstoff freisetzen. Photosynthese, die hauptsächlich in den Blättern stattfindet, entzieht der Atmosphäre auf natürliche Weise CO₂. Dadurch trägt sie zum Klima und zur Stabilisierung des globalen Kohlenstoffkreislaufs bei. Aber auch ohne Blätter tragen Bäume zur Reduktion von CO2 bei – ein Mechanismus der unterschätzt wird.

Die Photosynthese in der Rinde

Insbesondere laubabwerfende Bäume nutzen diese sogenannte kortikuläre Photosynthese, um auch in den blattlosen Jahreszeiten – also Herbst, Winter und frühes Frühjahr – Kohlendioxid aufzunehmen und Sauerstoff abzugeben. Die kortikuläre Photosynthese ist die Photosynthese, die nicht in den Blättern, sondern in der grünen Rinde von Pflanzen oder Bäumen stattfindet. Die grüne Rinde von Bäumen ist die lebende, innere Schicht der Rinde, die Chlorophyll enthält – also denselben grünen Farbstoff wie Blätter. Sie liegt unter der äußeren, meist braunen Borke und ist besonders gut bei jungen Zweigen oder Bäumen mit dünner, glatter Rinde sichtbar.

Die CO2-Konzentration im lebenden Gewebe des Baumstamms kann durch die koritkuläre Photosynthese um bis zu 25% steigen. Dadurch schafft es die Photosynthese in der Borke mehr als 10% der gesamten CO2-Aufnahme eines Baumes zu leisten.

Neue Messmethode für den Gasaustausch an der Rinde

Daniel Tholen und sein Team vom Institut für Botanik an der BOKU haben eine neue Messkammer entwickelt, um den Gasaustausch an der Baumrinde präzise zu erfassen. Die ersten Ergebnisse an den Baumarten Esche, Zürgelbaum und Ginkgo zeigen, dass Lentizellen – kleine Poren in der Rinde – für den Austausch von CO₂ und Wasserdampf verantwortlich sind. Das haben die Forscher:innen besonders bei jungen Ästen beobachtet. Ergänzend kommen stabile Isotopenanalysen zum Einsatz, mit denen untersucht wird, welche Rolle, der über die Rinde gewonnene Kohlenstoff bei der Entstehung junger Blätter im Frühjahr spielt. Die Isotopenanalyse ist eine gängige wissenschaftliche Methode um Stoffwechselprozesse in Organismen im Detail und in Echtzeit nachzuverfolgen.

Relevanz für Stadtbäume in Zeiten des Klimawandels

Gerade in Städten sind Bäume zunehmend extremen Bedingungen wie Hitze, Trockenstress und Schädlingsbefall ausgesetzt – Faktoren, die die Blattphotosynthese stark einschränken können. Bäume, die zusätzlich CO₂ über die Rinde verarbeiten, zeigen sich in solchen Situationen robuster. Die in der Rinde erzeugte Energie trägt zur Heilung von Verletzungen und zur Regeneration geschädigter Zellen bei – eine wertvolle Unterstützung im schwierigen Stadtklima mit versiegelten Böden und Hitzeinseln.

Ab Sommer 2025 will das Forschungsteam in einem umfangreichen Versuch untersuchen, wie sich anhaltende Trockenheit konkret auf die Rinden-Photosynthese auswirkt – ein wichtiger Schritt, um das Verhalten von Bäumen unter zukünftigen Klimabedingungen besser zu verstehen.

 

 

 

 

cs, 30.04.2025


Quellenangaben

Pressemeldung „Baumrinde als CO₂-Aktivistin“ vom 24.04.2025, abgerufen am 30.04.2025

Forschungsprojekt „Das Photosynthesepotential der Baumrinde“, angerufen am 30.04.2025

Stirbet A., Lazár D., Guo Y. and Govindjee G.: Photosynthesis: basics, history and modelling. Ann Bot. 2020 Sep 14;126(4):511-537. doi: 10.1093/aob/mcz171. PMID: 31641747; PMCID: PMC7489092.