Für Krebs gibt es heute unterschiedliche Therapieansätze und meist auch gute Heilungschancen, wobei noch nicht jede Krebsart geheilt werden kann. Durch neue Forschungsansätze erhofft man sich zukünftig Verbesserungen für Patient:innen. Im Projekt FANTOM wird an einer bestimmen Art von Krebs, dem anaplastisch-großzelligen Lymphom (ALCL), geforscht.
Krebs stellt heute weltweit die zweithäufigste Todesursache dar, wobei die Überlebensrate im Vergleich zu früher deutlich gestiegen ist. Die Heilungsaussichten variieren in den verschiedenen Ländern der EU sowie weltweit.
In Österreich leben rund zwei Drittel aller mit Krebs diagnostizierten Patient:innen nach fünf Jahren noch – man spricht hier von einer relativen 5-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit. Die Überlebensrate nimmt allerdings mit dem Alter ab [1]. Bei den verschiedenen Krebsarten gibt es hier große Unterschiede. So etwa haben Patient:innen mit Prostatakrebs oder Melanomen mit rund 90 Prozent gute Aussichten, fünf Jahre nach der Prognose noch am Leben zu sein. Bei Krebserkrankungen der Lunge, der Leber, des Gehirns oder der Speiseröhre hingegen liegt die relative 5-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit bei weniger als 30 Prozent, bei Bauchspeicheldrüsenkrebs beträgt diese gar nur um die zehn Prozent [1].
Krebs kann heute mit verschiedenen Therapien bekämpft werden, wobei die aktuell eingesetzten Therapieformen meist auch unerwünschte Nebenwirkungen mit sich bringen. Ein wichtiges Ziel der aktuellen Arzneimittelforschung ist es daher, spezifischere Therapien und Medikamente gegen Krebs zu entwickeln. Eine bessere Wirksamkeit und weniger unerwünschte Effekte sollen zukünftig die Lebensqualität von Krebspatient:innen verbessern.
Die Chemotherapie stellt aktuell eine der zentralen Säulen der Krebstherapie dar. Bei dieser Therapieform bekommen Patient:innen zur Behandlung von bösartigen Tumoren chemische Substanzen in Form von Infusionen, Spritzen oder Tabletten verabreicht. Die Medikamente – so genannte Chemotherapeutika oder Zytostatika – greifen in den Vermehrungszyklus der Krebszellen ein und unterbinden deren Teilung. Dabei treten jedoch auch unerwünschte Nebeneffekte auf: Nicht nur der Zellzyklus und somit das Zellwachstum von bösartigen Zellen wird so gestoppt, sondern auch die Teilung gesunder Zellen wird gehindert. Dies kann zu Nebenwirkungen wie Blutarmut, geschädigten Schleimhäuten und Haarausfall führen.
Bei vielen Krebspatient:innen kommt im Laufe ihrer Erkrankung eine Strahlentherapie (Radiotherapie) zum Einsatz. Diese kann als alleinige Behandlungsmethode, in Kombination mit Chemotherapie (Radiochemotherapie) und nach oder vor einer Operation eingesetzt werden. Im Gegensatz zur Chemotherapie, die im ganzen Körper („systemisch“) wirkt, ist die Strahlenbehandlung eine lokal begrenzte Methode, die nur Tumorzellen innerhalb des Strahlungsbereichs zerstört. Es werden allerdings auch gesunde Zellen in Mitleidenschaft gezogen. Diese besitzen jedoch eine besser ausgeprägte Fähigkeit zur Erbgut-Reparatur als Krebszellen und können sich mit der Zeit regenerieren. So sterben hauptsächlich die Krebszellen ab und werden von den Immunzellen des Körpers beseitigt. Einige Krebsarten, wie beispielsweise lokal begrenzter Kehlkopfkrebs oder Prostatakrebs, können alleine durch Strahlentherapie geheilt werden.
Auch eine Strahlentherapie hat meist Nebenwirkungen: So kann es vorübergehend – je nach Bestrahlungsbereich – zu Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall, Haarverlust, Müdigkeit, Fieber und Appetitlosigkeit kommen.
Bei manchen Krebsarten kommt auch bzw. nur eine Operation infrage. So stehen etwa bei Brust- oder Hautkrebs die Chancen für eine Heilung gut, wenn der Tumor operativ entfernt wird. Im besten Fall – wenn sich die Krankheit noch in einem frühen Stadium befindet – ist die Therapie nach der Operation abgeschlossen, und der Patient/ die Patientin gilt als geheilt. Besteht jedoch die Gefahr eines Rückfalls, wird im Anschluss an die Operation eine unterstützende Chemo- oder Strahlentherapie durchgeführt, um übrige Krebszellen zu zerstören.
Operation, Strahlen- und Chemotherapie, die klassischen Methoden der Krebstherapie, sind zwar in vielen Fällen wirksam, bieten aber vor allem bei fortgeschrittenen Erkrankungen eingeschränkte Möglichkeiten. Außerdem sind sie häufig mit Nebenwirkungen verbunden.
Deshalb gibt es bereits seit mehreren Jahrzehnten auch Bestrebungen, die körpereigene Abwehrreaktion von Patient:innen therapeutisch zu nutzen und Krebs mit immunologischen Methoden zu behandeln. Lange Zeit gab es aber wenige Erfolge in dieser Richtung, und erst seit einigen Jahren werden immunologische Therapieansätze bei bestimmten Krebserkrankungen eingesetzt [2].
Für eine erfolgreiche Immuntherapie müssen Tumorzellen vom Immunsystem der Erkrankten als "fremd" erkannt werden, um durch eine Immunreaktion eliminiert zu werden. Häufig können sich Tumorzellen jedoch erfolgreich tarnen oder das Immunsystem unterdrücken. Ein Bremsen der körpereigenen Abwehrreaktionen bei Krebs erfolgt häufig durch die Expression so genannter Checkpoint-Moleküle in Tumor- und auch Abwehrzellen. Dabei handelt es sich um spezielle Regulationsmoleküle des Immunsystems, die eine wichtige Rolle bei der Steuerung der Immunreaktion und der Eigentoleranz – dem Ausbleiben einer Immunreaktion gegen körpereigene Strukturen – spielen. Die "Neue Immuntherapie" – auch bekannt unter dem Schlagwort "Immunonkologie" – nutzt Hemmstoffe (Inhibitoren) für diese Steuerungssignale zur Behandlung von Krebserkrankung.
Bei der Immuntherapie kommen heute unter anderem monoklonale Antikörper – das sind im Labor erzeugte lösliche Abwehrstoffe, die sich speziell gegen (Oberflächen-)Strukturen von Krebszellen oder normalen Zellen richten – oder Zytokine zum Einsatz. Zytokine sind Zellhormone, die als Botenstoffe des Immunsystems wirken.
Auch die so genannte CAR-T-Zell-Therapie ist eine innovative Immuntherapie, die aktuell bei bestimmten Formen von Blutkrebs wie Leukämien und Lymphomen eingesetzt wird [3]. Dabei werden dem Patienten/ der Patientin T-Zellen entnommen und im Labor gentechnisch so verändert, dass sie einen chimären (zusammengesetzten) Antigenrezeptor an ihrer Oberfläche tragen. CAR steht für Chimeric Antigen Receptor. Die veränderten T-Zellen werden dem Patienten/ der Patientin über eine Infusion verabreicht. Im Patienten/ der Patientin erkennen sie dann eine bestimmte Zielstruktur auf den Tumorzellen, docken an diese an, werden so aktiviert und bringen in weiterer Folge die Krebszellen zum Absterben.
Der Fokus der medizinischen Krebsforschung liegt heute zunehmend auf der Entwicklung von personalisierten molekularbiologischen Therapien, die sich gezielt gegen Krebszellen richten. Diese umfassen vor allem die oben beschriebenen Immuntherapien und greifen gesunde Körperzellen kaum bis gar nicht an. Daher werden sie auch als zielgerichtete Therapien ("targeted therapies") bezeichnet. Bei diesen Therapieformen können auch das Gefäßwachstum zur Versorgung der Tumorzellen sowie die Störung der DNA-Reparatur der Krebszellen als Angriffspunkt dienen.
Kommen zielgerichtete Therapien in Frage, wird das Tumorgewebe der erkrankten Person zunächst umfangreichen molekularbiologischen Analysen unterzogen. Die Eigenschaften der Tumoren werden dabei anhand sogenannte Tumormarker und anderer Biomarker untersucht. Je nach Art der genetischen Störung bzw. Mutation, die der Entstehung des Tumors zugrunde liegt, kann dann eine individuelle Strategie für die Behandlung festgelegt werden. Zielgerichtete Therapien sollen so einerseits die Krebszellen wirkungsvoll aufhalten und andererseits zu weniger Nebenwirkungen führen [4, 5].
Trotz jahrzehntelanger Forschungsbemühungen sind heute für viele Krebserkrankungen die Entstehungsmechanismen noch nicht ausreichend bzw. teilweise auch noch gar nicht bekannt. Daher wird die Krebsforschung stark vorangetrieben. Diese hat das Ziel, neue Erkenntnisse zur Krebsentstehung und Progression (dem Voranschreiten), zu Risikofaktoren und Prävention zu erlangen und die Methoden zur Diagnostik und Therapie zu verbessern. Nur durch intensive Forschung können neue Therapien für Patient:innen entwickelt und bestehende Therapien sowie die Prävention verbessert werden. So können die Heilungsraten bei Krebserkrankungen kontinuierlich gesteigert werden.
Auch in Österreich wird an vielen Orten und Institutionen – Instituten, Kliniken und Krankenanstalten - international anerkannte, hochklassige Krebsforschung betrieben [8], wobei diese hier schon lange Tradition hat: Bereits 1910 wurde die „Österreichische Gesellschaft für Erforschung und Bekämpfung der Krebskrankheit“ (heute Österreichische Krebshilfe) gegründet. 1953 entstand dann das Österreichische Krebsforschungsinstitut der Österreichischen Krebsgesellschaft – heute das Institut für Krebsforschung (IKF) der Medizinischen Universität Wien.
Im Lauf der Zeit haben sich auch zahlreiche Netzwerke etabliert, die die Zusammenarbeit der Krebsforscher:innen in Österreich erleichtern [6].
Wissenschaftler:innen, die in Österreich an Krebs forschen, kooperieren auch auf internationaler Ebene, um so den Fortschritt im Kampf gegen den Krebs zu sichern.
Ein Beispiel für eine europaweite Kooperation mit österreichischer Beteiligung ist das FANTOM-Netzwerk (verlinken: https://fantom-project.eu/), an dem Forschungseinrichtungen und assoziierte Partnerorganisationen aus mehreren EU-Ländern beteiligt sind. Unter dem Motto „Break free from cancer“ werden im Rahmen dieses internationalen PhD-Programms, das 2023 startete, insgesamt elf Student:innen im Bereich der Krebsforschung ausgebildet. Um Exzellenz zu gewährleisten, wurden diese im Rahmen eines international kompetitiven Auswahlverfahrens rekrutiert – von insgesamt 340 Bewerber:innen wurden zehn ins Doktoratsprogramm aufgenommen. Vier Jahre lang werden die jungen Wissenschaftler:innen mit ihrer Forschung die klinischen Probleme adressieren, die bei einer bestimmten Art von Lymphom – dem anaplastisch-großzelligen Lymphom (Anaplastic Large Cell Lymphoma, ALCL) – auftreten. Für ihre Forschung und Schulungen werden die PhD-Student:innen nicht nur in akademischen Laboren arbeiten, sondern auch an wichtigen Forschungsinstituten, Biotech- und Pharma-Unternehmen sowie in der Klinik Erfahrung sammeln.
Das FANTOM-Doktoratsnetzwerk ist in die „European Research Initiative on Anaplastic Lymphoma Kinase (ALK)-related malignancies (ERIA)“ sowie das klinische Netzwerk „The European Intergroup for Childhood Non-Hodgkin Lymphoma (EICNHL)“ eingebettet.
Als Lymphome werden allgemein Krebsarten bezeichnet, welche die Blutzellen sowie die blutbildenden und lymphatischen Organe, wie zum Beispiel Milz, Knochenmark oder Lymphknoten, betreffen. Beim anaplastisch-großzelligen Lymphom (ALCL) handelt es sich um eine seltene, aggressive Form von Lymphknotenkrebs, der von T-Zellen ausgeht. ALCL zählt zu den so genannten Non-Hodgkin-Lymphomen – so wird eine Vielzahl bösartiger relative seltener Erkrankungen des Lymphgewebes bezeichnet.
ALCL tritt vor allem bei Kindern und Jugendlichen auf, kann aber auch Erwachsene betreffen.
Es ist eine Klassifikation in folgende drei Subformen üblich:
Das ALK-Protein (ALK steht für anaplastische Lymphomkinase) stellt ein Protoonkogen dar, das durch verschiedene Mechanismen zu einem Onkogen werden kann. Normalerweise wird ALK nur in bestimmten Geweben, wie etwa im Gehirn während der Entwicklung, exprimiert. In Folge einer chromosomalen Translokation wird das ALK Protein als Fusionsprotein mit anderen Proteinen in erhöhter Konzentration und in seiner aktiven Form im ALCL exprimiert.
Im Rahmen ihrer PhD-Arbeiten werden die FANTOM-Student:innen innovative Modellsysteme und Technologien verwenden, um die molekularen Abläufe von ALCL im Detail zu erforschen. So sollen neue (nicht-invasive) Biomarker und neue therapeutische Ansätze entstehen. Auch klinische Studien sollen entworfen werden, um Problematiken der Chemotherapie wie Toxizität, Überbehandlung und Medikamentenresistenz zu adressieren.
Die jungen Wissenschaftler:innen erforschen in ihrer Doktorarbeit unterschiedliche Aspekten von ALK-positiver ALCL.
Auch Open Science ist als Parterorganisation Teil des FANTOM-Projekts.
as, 22.12.2023
[1] Statistik Austria: Krebserkrankungen in Österreich 2022.
[2] Österreichische Krebshilfe: Immuntherapie. Abgefragt am 13.12.2023
[3] Onko Internetportal der Deutschen Krebsgesellschaft: Fragen und Antworten zur CAR-T-Zell-Therapie. Abgefragt am 13.12.2023.
[4] DKFZ Krebsinformationsdienst: Molekulare Diagnostik: Personalisierte Krebsmedizin mithilfe von Biomarkern. Abgefragt am 13.12.2023.
[6] Österreichische Krebshilfe und Österreichische Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie: Krebsreport 2021. Abgefragt am 13.12.2023