Coronavirus in Österreich: Studie zur Immunität in Ischgl

Zwei Wissenschaftlerinnen analysieren gemeinsam ihre Forschungsergebnisse im Labor.

Verlaufsstudie zur Immunität nach COVID-19, Bild: Medizinische Universität Innsbruck

Bald nach dem Beginn der durch SARS-CoV-2 verursachten Pandemie in Europa entstand im Tiroler Ischgl ein großer Corona-Cluster, der weltweit traurige Berühmtheit erlangte. Im Frühjahr 2020 führte die Medizinische Universität Innsbruck eine erste Studie zur Immunantwort der Ischgler Bevölkerung auf das Coronavirus durch. Im November – acht Monate später – wurde erneut getestet. Die Ergebnisse wurden am 18.2. im Rahmen einer Pressekonferenz präsentiert – mit „good news“, wie Rektor Wolfgang Fleischhacker einleitend kommentierte.

In der Studie wurde untersucht, ob und in welcher Höhe Antikörper gegen SARS-CoV-2 in der erwachsenen Ischgler Bevölkerung vorhanden waren. Knapp 900 Erwachsene nahmen an der Studie teil. Bei etwa 45 % aller StudienteilnehmerInnen konnten im November 2020 SARS-CoV-2 spezifische Antikörper nachgewiesen werden. Und bei knapp 90 Prozent jener Personen, die schon im April Antikörper gegen das neue Coronavirus hatten, wurden auch nach acht Monaten noch Antikörper gegen SARS-CoV-2 gefunden. Bei einem Großteil der Getesteten wurden auch neutralisierende Antikörper nachgewiesen – das sind Antikörper, die die Aufnahme des Virus in die menschlichen Zellen verhindern, so dass es zu keiner Vermehrung mehr kommen kann. In der Folgestudie wurden die ProbandInnen auch zu ihren Symptomen befragt. Eine erste Analyse lässt hier den Schluss zu, dass das Ausmaß der beschriebenen Symptome mit dem Vorhandensein von Antikörpern korreliert. Je schwerer die Symptome, desto mehr neutralisierende Antikörper waren auch nach acht Monaten noch vorhanden.

Nicht nur virusspezifische Antikörper, auch spezifische Immunzellen können das Virus bekämpfen. Deshalb wurde bei 93 Proben zusätzlich eine Untersuchung vorgenommen, die das Vorhandensein dieser spezifischen Immunzellen, der T-Zellen, nachweist. Eine Untergruppe dieser T-Zellen, auch Killerzellen genannt, ist in der Lage, virusinfizierte Zellen zu erkennen und abzuräumen. Man spricht von zellulärer Immunität. „Eine T-Zellimmunantwort ließ sich auch in Proben mit kaum oder nicht mehr nachweisbarem Antikörpertiter belegen, was die Rolle der zellulären Immunität nach COVID-19 untermauert“, so Dorothee von Laer, Virologin und Institutsleiterin. Es sei folglich nicht ausgeschlossen, dass eine Immunität auch dann besteht, wenn keine Antikörper mehr in den verwendeten Tests nachweisbar sind.

Gemeinsam mit Wissenschaftlern der Paris Lodron Universität Salzburg wurde weiters untersucht, ob die zweite Corona-Welle in Ischgl anders verlaufen ist als im Rest Tirols bzw. Österreichs. Dazu wurden statistisch vergleichbare Gemeinden herangezogen. Der Inzidenz-Verlauf der Gemeinde Ischgl wurde anhand von PCR-Testergebnissen aus behördlichen Meldedaten anderen, vergleichbaren Orten gegenübergestellt. „Es sieht so aus, als wenn die Immunitätslage in Ischgl im November so war, dass die Bevölkerung geschützt war“, so von Laer. Die Neuinfektionsrate lag in Ischgl in diesem Zeitraum bei unter einem Prozent. Auch wenn man nicht von einer Herdenimmunität in Ischgl ausgehen kann, könnte die Seroprävalenz (also das Vorhandensein spezifischer Antikörper) in der Bevölkerung in Kombination mit anderen Maßnahmen (Maske tragen, Abstand halten, Kontakte reduzieren), eine zweite Welle in Ischgl im Herbst 2020 verhindert haben.

 

Quelle: Medizinische Universität Innsbruck

bg, 18.02.2021