Gregor Mendel: Die drei mendelschen Regeln – Grundlage der Genetik

Gregor Mendel, Bild: By Hugo Iltis, CC BY 4.0 , via Wikimedia Commons, adaptiert

Der Augustinerpater Gregor Mendel revolutionierte mit seinen berühmten Kreuzungsexperimenten die Biologie. Sein Werk hat bis heute große Bedeutung und bildet die Grundlage der modernen Genetik. Zu Mendels 200. Geburtstag im Jahr 2022 geben wir einen Überblick über sein Leben und Schaffen.

Mendels Leben

Vom Bauernsohn zum wissbegierigen Mönch

Gregor Johann Mendel wurde am 20. Juli 1822 in Heinzendorf bei Odrau im damaligen Österreichisch-Schlesien geboren. Gemeinsam mit einer jüngeren und einer älteren Schwester wuchs er am Bauernhof seiner Eltern auf. Er konnte früh erste Erfahrungen bei der Pflanzenzucht sammeln, da er seinem Vater bereits als Kind beim Veredeln der Obstbäume im eigenen Garten half.

Mendel war ein ausgezeichneter Schüler und besuchte nach der Dorfschule ab 1834 das Gymnasium in Troppau. 1840 verließ Mendel das Gymnasium als einer der besten Schüler seiner Klasse.

Trotz großer finanzieller Schwierigkeiten studierte Mendel von 1840 bis 1843 zunächst an der Universität Olmütz Philosophie und schloss während dieser Zeit mit sehr guten Noten ab. Aus Geldnot musste er dann jedoch das Studium abbrechen und wurde Ordensmann. 1843 wurde er auf Empfehlung seines Physiklehrers im Augustinerkloster in Brünn (Brno) aufgenommen, wo er den Ordensnamen Gregorius bekam.

Abbildung 1: Gregor Mendel, Bild: By Hugo Iltis, CC BY 4.0 , via Wikimedia Commons

1845 begann Mendel Theologie zu studieren und empfing 1847 die Priesterweihe. Doch auch am Forschen und Experimentieren hatte der junge Mönch großes Interesse: 1845 und 1846 studierte er zusätzlich noch Obstbaumzucht und Weinbau und lernte, wie man Pflanzen kreuzt, ausliest und deren Samen vermehrt. Er legte damit den Grundstein für sein späteres Schaffen. Es war ein Glück für die Wissenschaft, dass seine vorgesetzten Ordensbrüder erkannten und respektierten, dass den jungen Mendel die Biologie weit mehr interessierte als die Seelsorge. Eine Stelle als Aushilfslehrer an einem Gymnasium, an dem er insgesamt 14 Jahre lang Mathematik und Griechisch unterrichtete, ließ ihm noch genügend Zeit, nebenbei im Klostergarten seine bekannten Erbsenkreuzungen durchzuführen.

Mendel wollte schließlich Lehrer für Physik und Naturgeschichte werden, scheiterte jedoch 1850 an der Lehramtsprüfung an der Universität Wien. Es wird vermutet, dass dies auf eine Krankheit Mendels oder das Misstrauen der Prüfer ihm gegenüber zurückzuführen ist. Mendel studierte von 1851 an bis 1853 in Wien Physik, Chemie und Mathematik und ausgewählte Themengebiete aus der Biologie wie beispielsweise Morphologie, Systematik, Anatomie und Physiologie von Pflanzen. Vom berühmten Physiker Christian Doppler wurde er in die quantitative Auswertung von Experimenten eingeführt. All dieses Wissen machte sich Mendel später für seine berühmten Kreuzungsexperimente zunutze.

Erbsenzähler im Klostergarten

Nach einem weiteren erfolglosen Antritt bei der Lehramtsprüfung im Jahr 1856 in Wien widmete sich Mendel acht Jahre lang seinen heute weltberühmten Kreuzungsversuchen: Im Klostergarten in Brünn erforschte er systematisch die Vererbung bei Erbsen. In dieser Zeit erfasste er mit unglaublicher wissenschaftlicher Ausdauer rund 30 000 Pflanzen. 1866 veröffentlichte er die Ergebnisse seiner Forschungsarbeit, sein Aufsatz „Versuche über Pflanzenhybriden“ fand aber in der Fachwelt nicht viel Beachtung. „Meine Zeit wird kommen“, meinte Medel nur dazu und sollte recht behalten: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Bedeutung seiner Arbeit dann endlich erkannt.

 1867 wurde Mendel Abt des Stiftes in Brünn, setzte jedoch seine Pflanzenversuche fort. Er starb 1884 an einem Nierenleiden. Mendels Vermächtnis für die Wissenschaft lebt bis heute weiter. Mit seinen Kreuzungsversuchen und den von ihm formulierten Vererbungsgesetzen legte er den Grundstein für die heutige Genetik. Daher wird er häufig auch als „Vater der Genetik“ bezeichnet.

Vorarbeiten für Kreuzungsexperimente

Der junge Mönch Gregor Mendel besaß alle wichtigen Eigenschaften, die einen Wissenschaftler ausmachen: Er arbeitete genau, war geduldig und ausdauernd und zog aus seinen Beobachtungen Schlussfolgerungen.

Auswahl geeigneter Merkmale der Gartenerbse

Im Klostergarten in Brünn führte er jahrelang akribische Kreuzungsexperimente mit der Gartenerbse (Pisum sativum) durch. Diese Pflanze eignete sich besonders für seine Untersuchungen, da sie leicht anzubauen ist und eine hohe Zahl an Nachkommen hat. Ihre unterschiedlichen Merkmale – wie beispielsweise Blütenfarbe, Samenform oder Samenfarbe – lassen sich außerdem leicht beobachten. Allein für die Auswahl geeigneter Erbsensorten nahm sich der Mönch zwei Jahre lang Zeit. Er verschaffte sich zunächst einen Überblick über die vorhandenen Erbsensorten und entschied sich für sieben verschiedene Erbseneigenschaften, die er in seinen darauffolgenden Versuchsreihen analysierte.

Als Kotyledonen  werden die ersten Blätter einer keimenden Pflanze bezeichnet. Die Samenfarbe bezieht sich auf die Keimblätter im Inneren des Samens. Die Erbsen mit glatter grüner Schotenform haben es heute auf unseren Teller geschafft
Abbildung 2: Von Gregor Mendel ausgewählte Merkmale für seine Vererbungsexperimente mit Erbsenpflanzen, Bild: By Mariana Ruiz LadyofHats, CC0, via Wikimedia Commons

Künstliche Befruchtung

Erbsenpflanzen sind Zwitter, die sich selbst bestäuben, und besitzen sowohl weibliche (Fruchtknoten) als auch männliche Geschlechtsorgane (Staubblätter) in ein und derselben Blüte. Mendel wollte jedoch wissen, wie Pflanzen verschiedene Eigenschaften weitergeben, wenn man sie miteinander kreuzt. Um seine berühmten Experimente durchführen zu können, musste er die Erbsen daher zunächst in mühsamer Kleinarbeit künstlich bestäuben. Dazu ging er Pflanze für Pflanze so vor: Er entfernte die Staubblätter der Blüten, um deren Selbstbefruchtung zu vermeiden, und übertrug dann mit einem Pinsel den Pollen einer anderen Pflanze darauf. So konnte er gezielt zwei ausgewählte Pflanzen miteinander kreuzen. Für seine Versuche verwendete Mendel insgesamt knapp 30.000 Pflanzen und konnte seine Beobachtungen so statistisch gut absichern.

Reinerbige Pflanzen

Mendel arbeitete mit reinerbigem Saatgut. Dafür prüfte er über zwei Jahre, ob die äußeren Merkmale der Nachkommen noch denen der Eltern entsprachen. Nur dann wurden sie für weitere Kreuzungen ausgesucht.

Dominante und rezessive Merkmale

Bei seinen Kreuzungsversuchen konnte Mendel unterschiedliche Formen der Merkmalsvererbung beobachten. Er stellte fest, dass alle Nachkommen von Pflanzen der Elterngeneration (Parentalgeneration, P), die für ein bestimmtes Merkmal reinerbig waren, in der ersten Tochtergeneration (Filialgeneration, F1) nur eine Ausprägung des jeweiligen Merkmals aufwiesen. Die Kreuzung von Pflanzen mit violetten Blüten beispielsweise ergab wieder nur Pflanzen mit violetten Blüten. Bei der Kreuzung der Pflanzen der ersten Tochtergeneration untereinander jedoch beobachtete Mendel folgendes: In der zweiten Tochtergeneration (F2) tauchte bei einem Viertel der Pflanzen ein anderes, zuvor nicht mehr sichtbares Merkmal – wie beispielsweise weiße Blüten bei der Blütenfarbe – wieder auf. Dieses 3:1-Verhältnis traf auf alle von Mendel untersuchten Merkmale zu.

Mendel erklärte seine Beobachtungen dadurch, dass es für jedes Merkmal – wie beispielsweise die Blütenfarbe – zwei Vererbungseinheiten gibt, von denen die überlegene Einheit die unterdrückte Einheit verdeckt. Er prägte damals dafür die Begriffe „Dominanz“ und „Rezessivität“. Am Beispiel der Kreuzung einer reinerbig violettblühenden mit einer reinerbig weißblühenden Pflanze bedeutete das konkret: Die dominante, violette Farbe verdeckte in der ersten Tochtergeneration die rezessive weiße Blütenfarbe. Die zweite Tochtergeneration jedoch brachte wieder Pflanzen mit weißer Blütenfarbe hervor.

Die von Mendel beschriebenen Vererbungseinheiten sind heute als Allele bekannt. Eines wird immer vom Vater vererbt, das andere von der Mutter. Als Genotyp wird die Kombination der beiden Allele eines Merkmals bezeichnet, als Phänotyp die Ausprägungsform – also das äußere Erscheinungsbild.

Gesetzmäßigkeiten der Vererbung: Die drei Mendelschen Regeln

Mithilfe seiner umfangreichen Kreuzungsversuche konnte Mendel bestimmte Gesetzmäßigkeiten bei der Vererbung von Merkmalen beobachten. Diese fasste er zu den drei Mendelschen Regeln bzw. Mendelschen Gesetzen zusammen. Sie besagen am Beispiel des dominant-rezessiven Erbgangs folgendes:

Erste Mendelsche Regel (Uniformitätsregel)

Abbildung 3: Uniformitätsregel am Beispiel des dominant-rezessiven Erbgangs, Bild: Adaptiert von Sciencia58, CC0, via Wikimedia Commons

Mendel erkannte, dass sich bestimmte Vererbungsmerkmale anderen Merkmalen gegenüber immer durchsetzen. Kreuzte er beispielsweise reinrassige weiße mit reinerbigen rot blühenden Pflanzen, kamen in der nächsten Generation immer ausschließlich violett blühende Pflanzen heraus. Er formulierte daraus die Uniformitätsregel: Kreuzt man zwei reinerbige (homozygote) Eltern (P-Generation), die sich in einem Merkmal unterscheiden, so sind die Individuen der F1-Generation in diesem Merkmal genotypisch und phänotypisch alle gleich (uniform). Sie prägen im Phänotyp das dominante Merkmal aus und sind im Genotyp mischerbig (heterozygot).

Zweite Mendelsche Regel (Spaltungsregel)

Abbildung 4: Spaltungsregel am Beispiel des dominant-rezessiven Erbgangs, Bild: Adaptiert von ciencia58, CC0, via Wikimedia Commons

Mendel beobachtete außerdem, dass bei Selbstbefruchtung von Pflanzen der Tochtergeneration in der nächsten Generation die ursprünglichen Eigenschaften wieder hervorkamen. Er formulierte daraus die Spaltungsregel: Kreuzt man mischerbige (heterozygote) Individuen der F1-Generation untereinander, so treten in der F2-Generation sowohl Merkmalsausprägungen der Elterngeneration als auch der F1-Generation in einem bestimmten Zahlenverhältnis auf: Es erfolgt eine Aufspaltung der Merkmale im Verhältnis 3 : 1 im Phänotyp und im Verhältnis 1 : 2 : 1 im Genotyp.

Dritte Mendelsche Regel (Unabhängigkeitsregel)

R = grüne Schote (dominant); r = gelbe Schote (rezessiv); Y = zwischen den Samen eingezogene Schote dominant); y = volle glatte Schote (rezessiv).
Abbildung 5: Unabhängigkeitsregel am Beispiel des dominant-rezessiven dihybriden Erbgangs bei der Samenform und Samenfarbe der Gartenerbse, Bild: By Independent_assortment_&_segregation.svg: LadyofHatsderivative work: Matt, Public domain, via Wikimedia Commons, adaptiert

Kreuzt man Individuen einer Art, die sich in mehreren Merkmalen reinerbig unterscheiden – dh für jedes Merkmal zwei Allele mit gleicher Ausprägungsform tragen – so gilt: Diese Merkmale werden frei und unabhängig voneinander an die Nachkommen vererbt.

Mendels Vermächtnis

Mit seinen Kreuzungsexperimenten erbrachte Mendel den Nachweis, dass bestimmte Merkmale von Eltern auf Nachkommen übertragen werden. Und dies wohlgemerkt in einer Zeit, in der noch nichts von Genen oder DNA bekannt war. Mendel revolutionierte mit seinen Erkenntnissen die Vererbungslehre und leistete wichtige Pionierarbeit. Er gilt heute als der „Vater der Genetik“.

Die von Mendel formulierten Gesetzmäßigkeiten der Vererbung haben bis heute noch größtenteils Gültigkeit und bilden die Grundlage der Genetik Inzwischen sind allerdings viele neue Erkenntnisse dazugekommen, welche die Allgemeingültigkeit der Regeln eingeschränkt haben. So etwa weiß man heute, dass die Unabhängigkeitsregel nur bedingt gültig ist: Liegen die bei der Kreuzung betrachteten Anlagen für bestimmte Merkmale auf demselben Chromosom nah beisammen und bilden Kopplungsgruppen, werden die Anlagen nicht unabhängig voneinander weitergegeben. Aus diesem Grund wurden die „Mendelschen Gesetze“ mittlerweile zu den „Mendelschen Regeln“ umbenannt.

as, 25.05.2022


Quellenangaben

Weiterführendes:

[1] Gregor Mendel Institute of Molecular Plant Biology, Österreichische Akademie der Wissenschaften: Gregor Mendel 200: Sein Leben (2022)

[2] Arche Noah: Auf den Spuren Gregor Mendels (2017)

[3] Wikipedia: Gregor Mendel